Die Welt des Low Fidelity

■ Porträt: „Billy Moffets Playboy Club“ schrabbelt seit Jahren unbezwingbar durch die norddeutsche Independent-Szene

Da ist Joe mal ganz unbescheiden. „90 Prozent aller Bands klingen wie irgendwer, aber der Moffet-Stil ist weltweit einzigartig.“ Natürlich gibt es Anklänge an Tom Waits, an Folkrock und an englischen Pop. Aber man liebt auch den Chanson und die Rummelplatzmusik, arbeitet gerne mit dem 3/4 Takt. Mal wird die Gitarre verzerrt, mal durch Akkordeon, mal durch Kinderorgel ersetzt. Das macht den Sound des Playboy-Club unberechenbar, und so ist das bremisch-oldenburgische Duo wenn nicht wahnsinnig berühmt, so doch beliebt geworden mit den Jahren.

Als „50 Tabletten“ hatten sich die Moffets irgendwann in Punk und Neuer Deutscher Welle versucht, aber das wurde schnell öde. „Da mußte ich immer gegen superlaute Metal-Kaskaden ansingen“, klagt Joe, Sänger, Texter und Conferencier. Seither geht der Club weg von plumpen Arrangements oder überhöhter Geschwindigkeit. Was herauskommt, nennt Joe, der Instrumentalist, dann „heimlichen Pop“: „Wir arrangieren anders. Es beginnt als Pop, aber mit den Resultaten sind wir näher an Velvet Underground als an Toto.“

Stilprägend für den unverwechselbaren Moffet-Sound ist auch der Hang zur Heimproduktion, das unnachahmliche Low-Fi-Ambiente ihrer Platten verhinderte bislang, daß die Moffet-Mania weitergehende Kreise zog. Seit Jahren fungiert in Oldenburg ein holzgetäfeltes Zimmerchen, vollgestopft mit Verstärkern und DAT-Recordem, als kreative Heimstatt. Die Produkte des Hauses tragen dann den stolzen Stempel „recorded by the Society of Moffet Low Fidelity Technicans“. Das hat für Joe nichts mit Technikfeindlichkeit zu tun. Was da ist, reicht einfach aus. Eleganz wird nicht nicht überStudiotechnik erreicht, sondern über die Schönheit der Kompositionen.

Das verkauft sich logischerweise nicht allzu gut. Frust nach vier Alben, die bestenfalls Insider bemerken, kennt Joe aber nicht. „Ich muß da ja nicht von Leben, also kann ich machen, was ich will.“ Der Promoterjob in Hamburg sorgt für das täglich' Brot, bürgerlich heißt man schließlich Chistoph und nicht Moffet. Das nimmt dem Playboy Club den Druck, mit ihren Liedern Kasse machen zu müssen.

Ohne Schlagzeuger wäre das ohnehin ein hoffnungsloses Unterfangen. Dafür sind die beiden Eigenbrödler in dem was sie tun. Joe schreibt die Stücke, singt, macht live den Conferencier. Musikant Billy sekundiert, ist gewitzter Dialogpartner, wenn ein Konzert dann doch mal ins Plaudern kippt. „Manchmal lassen wir uns dann eben treiben, besprechen untereinander das Tagesgeschehen,“ meint Joe. „Andere Male gibt's dann eben nur ein Musikbombardement.“ Die Zweierbesetzung macht es möglich: Je weniger Menschen an der Entscheidungsfindung beteiligt sind, ob man einen angesagten Schmachtfetzen spontan covern soll, desto wahrscheinlicher ist es, daß es passiert.

Die Musik ist ja auch am Ende gar nicht so wichtig, kokettieren die beiden. Joe: „Hauptsache, die Geschichten sind gut. Da können sie können gern auch mal widersinnig sein.“ Allerdings fallen die beiden mit ihrem Hang zum Verschrobenen des öfteren auf die Nase. „Ich glaube, als Typen sind wir schon irgendwie strange“, meint Joe. „Aber gutartig!“ Auch wenn die Veganer aufheulen bei Joes Vorschlag, zur Neugewöhnung an Eiweiß das eigenen Sperma zu schlucken, und auch wenn eine Vielzahl der Moffet'schen Suff- und Huren-Geschichten nicht eben politisch korrekt ist. Joe nimmt's gelassen: „Entweder mußt du in Deutschland dick ,Humor' draufschreiben, oder bierernst sein, fürchte ich. Da werde ich gerne mißverstanden.“

Lars Reppesgaard

Heute, 21 Uhr, live im „Tower“, Herdentorsteinweg 7a