■ Mit einem Minenproduzenten auf du und du: „Wetten daß“-Minen
Memmingen (taz) – Die Adresse gehört zu den besten in Sachen High-Tech-Waffensysteme: die Sprengstoffabrik im Wald der 9.000-Einwohner- Stadt Schrobenhausen an der Grenze zwischen Oberbayern und Schwaben. Noch heute sprechen die Menschen von der MBB, obwohl die Firma inzwischen TDW (Gesellschaft für Verteidigungstechnische Wirksysteme) heißt. TDW gehört zur TDA in Paris und ist ein Joint- venture zwischen der Thomsen CSF und der Daimler Benz Aerospace (Dasa).
Die TDA/TDW entwickelt „spezifische, intelligente Waffensysteme unter Einsatz von Spitzentechnologien“. Dazu gehören auch Panzerabwehrminen. Doch der Schrobenhausener Werksleiter Günther Rosmarion möchte am liebsten überhaupt nicht von Minen sprechen – weil die TDA-Minen nach seiner Darstellung „generell jedes Risiko für die Zivilbevölkerung ausschließen“. Die hochmoderne Elektronik lasse es zu, daß befreundete Panzer über TDA-Minen fahren können, ohne daß es zur Explosion kommt, behauptet er. Nur die feindlichen Panzer werden in die Luft gejagt, da die intelligenten Minen feindliche und verbündete Panzer am Geräusch erkennen. Die ideale Mine für „Wetten daß“.
Nach Firmenangaben lassen sich diese Minen „bei voller Sicherheit“ bergen. „Dieses Merkmal ist äußerst wichtig, ... um eine Umweltbelastung von Kampfzonen nach Ende der Konflikte zu vermeiden“, heißt es in einer Firmeninformation. Statt von Minen spricht man bei TDA/TDW lieber von einem Panzerabwehr-Waffensystem. Der Konzern verweist ausdrücklich darauf, daß keine „Weichziel-Minen“ produziert würden. Weichziele sind Menschen. Doch auch in Panzern sitzen „Weichziele“.
Die Waffenproduktion hat in Schrobenhausen jahrzehntelange Tradition. Von der Deutschen Montanunion wurde das Werk während der Nazizeit gebaut. Von 1945 bis 1958 diente es als Flüchtlingslager. Weltweite Bedeutung erlangte die Produktion ab 1958 durch Professor Dr. Franz Rudolf Thomanek, der Hohl-Ladungs-Waffen von enormer Wirkung konstruierte – Geschosse, die dicken Stahl durchdringen können und erst dahinter explodieren. Für den amtierenden Landrat Richard Keßler ist das Werk mit der ausgezeichneten französischen Küche heute ein beliebter Anlaufpunkt, wenn er hohe Gäste zu bewirten hat.
Aber die TDW ist nicht die einzige Minenproduktionsfirma in Deutschland. Auf einer vom Europaparlament zusammengestellten Liste stehen 21 Betriebe, darunter Dynamit Nobel, Diehl, Rheinmetal, Krauss Maffei und Buck. Klaus Wittmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen