„Bei dem Papier können wir uns nicht verweigern“

■ Trotz einiger schwer zu schluckender Kröten wertet die bündnisgrüne Landtags- fraktion so manches Ergebnis der Koalitionsverhandlungen mit der SPD als Erfolg

In der Düsseldorfer Landtagsfraktion der Grünen kreiste gestern schon so manche Sektflasche. Die nicht zur Verhandlungsdelegation gehörenden Fraktionsmitglieder sind sich nach den Worten des Neuparlamentariers Stefan Bajohrs mit ihren Unterhändlern flügelübergreifend einig: „Bei dem ausgehandelten Koalitionspapier können wir uns trotz einiger schwer zu schluckender Kröten nicht verweigern.“

Eine dieser „Kröten“ kommt aus dem Verkehrsbereich: Die von den Grünen und Bürgerinitiativen heftig bekämpfte ICE-Anbindung des Flughafens Köln/Bonn wird nun doch kommen. Unumwunden räumt die grüne Verkehrsexpertin Gisela Nacken die „ganz klare Niederlage in diesem Punkt ein“. Weil die durch das Naturschutzgebiet Wahner Heide verlaufende Trasse einen wichtigen Teil des Hauptstadtdeals ausmache und mit 500 Millionen Mark aus dem Bundeshaushalt gefördert werde, habe die SPD alle Alternativvorschläge abgeblockt. Insgesamt wertet Nacken die Ergebnisse im Verkehrsbereich aber als „gute Basis für eine neue Verkehrspolitik“. Beim Flughafen Köln/Bonn hat man sich auf einen „Einstieg in das Nachtflugverbot“ geeinigt, und in Düsseldorf soll es bei 91.000 Flugbewegungen bleiben. Der Regionalflughafen in Essen/Mülheim wird geschlossen, und die Ausbaupläne weiterer Regionalflughäfen werden erheblich zusammengestutzt.

Beim Landesstraßenbau werden die Mittel von 180 auf 150 Millionen reduziert und statt dessen der öffentlich Nah- und Güterverkehr und der Radwegebau vorangetrieben. Mehrere höchst umstrittene Landstraßenprojekte werden eingestellt, und über verschiedene Autobahnprojekte soll erneut mit dem zuständigen Bonner Verkehrsminister verhandelt werden.

Ganz froh sind die Sozialpolitiker der grünen Fraktion über ein Förderprogramm von sozialen Betrieben zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Damit soll auf der Grundlage des in Niedersachsen praktizierten Modells der Wiedereinstieg ins Berufsleben unter Tarifbedingungen gewährleistet werden. Mit einer Bundesratsinitiative soll die Ausbildungsplatzfinanzierung mittels Ausbildungsabgabe neu geregelt werden.

Bei der Wirtschaftsförderung sollen die Interessen von Frauen besondere Berücksichtigung finden. Dazu zählen Sonderprogramme für Existenzgründerinnen (5 Millionen) oder für Handwerkerinnen (4 Millionen). Eine neue Drogenpolitik, die Aufstockung des Härtefonds für NS-Verfolgte und im Justizbereich der flächendeckende Ausbau eines Täter-Opfer-Ausgleichs sind weitere Punkte, die die Grünen als Erfolg werten. Walter Jakobs