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Bosnische Serben zerstören Fernsehstudios

■ Granatenangriff auf das TV-Hochhaus von Sarajevo fordert mindestens ein Todesopfer / Beschuß von Bijeljina stört Feiern der bosnisch-serbischen Armee

Sarajevo (AFP/dpa/taz) – Serbische Truppen haben gestern morgen das Fernsehgebäude in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo beschossen und dabei mindestens einen Menschen getötet und 38 verletzt. Die beiden Granaten schlugen um 9.30 Uhr im zweiten und dritten Stock des Hochhauses ein, mehrere Büros, darunter das des ZDF, wurden völlig zerstört. Das Todesopfer ist ein Wachposten, den umherfliegende Splitter töteten. Schwer verletzt wurde ein Reporter des US-Fernsehsenders CNN, er mußte sofort operiert werden. Eine halbe Stunde später traf eine weitere Granate einen Wohnblock neben dem TV-Gebäude, vier Bewohner starben. Das Fernsehzentrum galt als eines der sichersten Gebäude der Hauptstadt. Obwohl die serbischen Truppen die in den 70er Jahren errichtete Stahlbetonkonstruktion wiederholt beschossen hatten, konnten die Studios von in- und ausländischen Fernsehteams stets für ihre Berichterstattung über den Krieg in Bosnien benutzt werden. Gestern setzten die bosnischen Serben jedoch besonders starke, wenn auch wenig zielgenaue Raketen ein. CNN-Reporter Bill Delaney sprach von einem „Angriff auf das journalistische Herz von Sarajevo“.

Bereits am Dienstag waren bei serbischen Angriffen auf Sarajevo fünf Menschen getötet und 16 weitere verletzt worden. Dennoch gelang es Hilfskonvois der UNO, ihre Fahrten über die Route am Igmanmassiv wieder aufzunehmen.

Mehrere Granaten schlugen gestern auch am Rande der nordostbosnischen Stadt Bijeljina ein. Dort feierten Politiker und Militärs der bosnischen Serben den Namenstag des Heiligen Veit, des Schutzpatrons der Armee. Bijeljina liegt in Reichweite der Artillerie der bosnischen Regierungstruppen, über Schäden und Opfer wurde zunächst nichts bekannt. Bei den Feierlichkeiten, die trotz dem fortgesetzt wurden, wurde vor allem Armeechef Mladić von der Bevölkerung stürmisch begrüßt. In einem Interview prognostizierte er einen „noch lange dauernden Krieg“. Serbenführer Karadžić nahm an einem Gottesdienst für alle serbischen Kriegsopfer teil.

Die bosnische Führung in Sarajevo hat am Mittwoch eine Entscheidung des UN-Weltsicherheitsrats über die künftige Rolle der UNO in Bosnien gefordert. In dem in Sarajevo veröffentlichten Schreiben an den Ratsvorsitzenden Detlev Graf zu Rantzau wies Außenminister Muhamed Sacirbey auf die rapide Verschlechterung der Lage in Bosnien aufgrund der Tatenlosigkeit der UN hin. Bei der Sitzung des Rats solle endlich der immer wieder verschobene Beschluß über die Zukunft der Blauhelme in Bosnien gefällt werden.

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