„Es hat uns gegeben“

■ Fachtagung an der Bremer Universität über jüdische Geschichte in Estland und Lettland

„Bin ich jetzt wirklich in Deutschland?“ Nicht wirklich ungläubig, vielmehr beeindruckt von diesem Umstand zeigt sich Eugenia Gurin-Loov. Über das jüdische Leben in Lettland und Estland bis zum Holocaust diskutierten WissenschaftlerInnen aus Deutschland und dem Baltikum auf Einladung der Forschungsstelle Osteuropa in Bremen. Die 73jährige mußte Anfang Juli 1941 vor den Nazis nach Rußland flüchten. In den baltischen Republiken waren die Juden eine starke Minderheit. Sie lebten nach eigenen Sitten und Gebräuchen, sprachen meist jiddisch, lasen hebräisch und genossen weitgehende Autonomie.

Über die Zerstörung ihrer Kultur seit der Besetzung durch die Sowjetmacht im Sommer 1940 und das Morden an den Juden durch die Deutschen ein Jahr später, durfte beinahe 50 Jahre nicht gesprochen werden. Noch jung ist der Versuch einer historischen Aufarbeitung. Eugenia Gurin-Loov engagiert sich heute als zweite Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Estland. Wenn in diesen Tagen eine Konferenz zur Erinnerung an das Leben der Juden in ihrer Heimat stattfand, noch dazu in dem Land, aus dem heraus der Untergang ihrer Kultur organisiert wurde, bestehe Hoffnung, „daß wenigstens irgendetwas übrigbleibt. Und sei es das Wissen, daß es uns gegeben hat“.