: Französischer Wein: ja oder nein?
■ Weinhändler sind gegen Atomtests, aber nicht gegen französischen Wein
„Sind Sie für den Boykott französischer Weine? Ja oder nein? Diskutieren Sie mit uns!“ Wer im Weinladen am Maybachufer einkaufen will, der muß an dieser Aufforderung des Besitzers Helmut Seeger vorbei. Das Angebot nahmen einige Weinliebhaber an, erzählt Seeger, manche stellten sogar die Flasche französischen Wein wieder ins Regal und nahmen statt dessen einen guten Tropfen aus Italien.
Mit Seeger gesprochen haben zuerst australische Touristen, die eine Flasche zu Christos Reichstag mitnehmen wollten, nur französischer Wein sollte es eben nicht sein. „Den kaufen wir nicht, solange Chirac plant, vor unserer Haustür das Meer durch seine Atomtests zu verseuchen“, sagten sie zu Seeberg. Der war überzeugt und will jetzt sogar ein Infoblatt machen, auf dem neben der Frage „Französischer Wein – ja oder nein?“ auch die Telefonnummer der französischen Botschaft stehen wird: Denn die Leute sollen die Diplomaten ruhig ein bißchen nerven. Der Weinhändler weiß, daß ein solcher Boykott zuerst die Winzer trifft. „Doch die gehen dann vielleicht in Frankreich auf die Straße und bewirken somit viel mehr als Demonstranten hier in Deutschland“, hofft er auf eine Kettenreaktion.
Unter den Berliner Weinhändlern ist diese bislang ausgeblieben. Viele sind überrascht: „Warum sollen wir denn französische Weine boykottieren?“ Zwar wissen sie von den geplanten Atomtests, aber an den Boykott französischer Weine haben viele der Befragten trotzdem keinen Gedanken verschwendet.
Getan hat dies Elisabeth Dieringer vom Bioweinladen „Rebgarten“. Sie versteht diejenigen, die zum Boykott französischer Waren aufrufen. Mittun will sie dabei aber nicht. „Wir führen überwiegend französische Weine, das wäre unser Ende. Einen Boykott von Weinen aus Österreich würde ich sofort unterstützen, davon haben wir nur wenig.“ Zudem hat sie Mitleid mit den kleinen Winzern. Wenn es gegen einen großen Konzern ginge, würde sie sich dagegen ins Zeug legen: „Eine Aktion wie gegen Shell wäre okay.“
Das meint auch Uwe Kroker vom Weinladen „Suff“ am Mariannenplatz. „So, wie der Helmut das plant, geht das nicht“, kommentiert er die Bemühungen seines Kollegen am Maybachufer. „Die Leute sollen selbst entscheiden, was sie trinken wollen, ich rede da niemandem rein.“ Seebach und Kroker haben sich verständigt, daß etwas passieren müsse. „Doch der Protest muß organisiert werden“, sind sich beide einig. Greenpeace wollen sie jetzt anrufen – doch bislang war ständig besetzt. Holger Heimann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen