Waigel schüttet Tiergartentunnel zu

■ Finanzminister will Investitionen für die Bahn kürzen / Prestigeprojekte tot?

Berlin (taz) – Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) will den Etat des Verkehrsministeriums im kommenden Jahr um 5,4 Milliarden Mark kürzen. Auf der Strecke bleiben sollen milliardenschwere Straßenbauinvestitionen. Vor allem will Waigel von 1996 bis 1999 allein beim Bau neuer Bahnstrecken 16 der 40 geplanten Milliarden Mark einsparen.

Die Deutsche Bahn AG klagte am Wochenende, diese Kürzungen würden die Basis der Bahnreform gefährden und den Umstieg von Fahrgästen auf die Bahn deutlich verlangsamen. Intern hat sie allerdings in den vergangenen Wochen schon Pläne ausgearbeitet, wie mit den spektakulären Streichungen umgegangen werden könnte.

Auf der Abschußliste stehen vor allem umstrittene Großprojekte wie der Tunnel unter dem Berliner Tiergarten, der umkämpfte ICE-Anschluß für den Köln-Bonner Flughafen und die vom Bundesrechnungshof als wesentlich überteuert kritisierte ICE- Trasse über Ingolstadt nach München. Der Berliner Senat gab sich noch zuversichtlich, daß das Projekt Tiergartentunnel bleibt.

DB-Sprecherin Anfried Baier- Fuchs sagte gestern: „Natürlich haben wir interne Berechungen angestellt. Es bleibt aber dabei, der Erfolg der Bahnreform hängt von den Investitionen ab.“ Und die Bahnreform sieht vor, daß diese Investitionen vom Bund bezahlt werden. „Das ist genau wie bei den Autobahnen, da wird der Fahrweg ja auch vom Bund gezahlt.“

Die Deutsche Bahn befürchtet vor allem, daß bei einem Verzicht auf die Investitionen die geplante Verdoppelung der Fahrgastzahlen im Fernverkehr bis zum Jahr 2000 mißlingen könnte. Auch die Zahl der Fahrgäste im Nahverkehr und der Gütertransport würde möglicherweise die geplante Steigerung um 50 Prozent nicht erreichen. Gestrichene Verbindungen bedeuteten weniger Umsatz, weniger Investitionen in neue Züge, „und haben letztlich auch Auswirkungen auf die Personalsituation“, so Baier- Fuchs. Der politisch gewünschte Umstieg auf die Bahn sei so jedenfalls nicht zu erreichen.

Bis zur Kabinettsitzung am Mittwoch, bei der die Kürzungen beschlossen werden sollen, versucht die Bahn noch auf Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) einzuwirken. Theoretisch gebe es zwar dann auch noch die Möglichkeit, daß die Bahn Strecken, an der sie besonders interessiert ist, die der Bund aber für überflüssig hält, aus der eigenen Schatulle finanziere, so Baier- Fuchs. Das werde aber die absolute Ausnahmen bleiben und treffe auf die genannten Projekte nicht zu. „Die stehen ja alle im Bundesverkehrswegeplan.“ Hermann-Josef Tenhagen