Schlagbäume bleiben für Banker zu

■ USA lassen Welthandelsabkommen über grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen scheitern / EU-Krisensitzung beschließt Fristverlängerung bis Ende Juli / Notfalls Liberalisierung ohne USA

Berlin/Genf (taz/dpa) – Der internationale Handel mit Finanzdienstleistungen wird erst mal nicht liberalisiert. Bis Freitag, 24 Uhr, hätten sich die Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) auf ein entsprechendes Abkommen einigen sollen. Doch die USA ließen die Verhandlungen platzen. Kurz vor Mitternacht hat der in aller Eile nach Genf einberufene EU-Ministerrat bei dem WTO-Rat einen letzten Aufschub durchgesetzt.

Bis 28. Juli soll nun eine weitgehende Marktöffnung für Banken, Wertpapierhändler und Versicherungen erzielt werden. Diese Finanzdienste sollen dann nach denselben Regeln wie der Warenhandel grenzüberschreitend gehandelt werden können. Darunter fällt zum Beispiel das Recht von Banken oder Versicherern, Niederlassungen in einem anderen WTO- Mitgliedsland zu eröffnen und dort eigene Leistungen anzubieten.

Die USA hatten bereits vor neun Jahren darauf gedrängt, dies in die Verhandlungen um ein neues Welthandelsabkommen (Gatt) aufzunehmen. Doch als die Uruguay-Runde des Gatt 1993 abgeschlossen wurde, waren es wiederum just die USA, die die Aufnahme der Finanzdienste in das Abkommen verhinderten. Begründung: der Marktzugang, den die ostasiatischen Schwellenländer ausländischen Finanzdienstleistern geboten hatten, sei nicht ausreichend gewesen.

Am vergangenen Donnerstag stellte sich die US-Regierung nun überraschend wieder quer. Die Begründung ist dieselbe wie beim letzten Mal. Die EU und auch andere Industrieländer wie etwa Kanada sind sauer, denn mit ihrem entwickelten Finanzsystem würden gerade sie von einer Liberalisierung profitieren. Daß der EU- Ministerrat zu einer Krisensitzung in Genf zusammengetrommelt wurde, war ein Novum, geboren aus der Angst vor einem Domino- Effekt: Wenn die USA aussteigen, dann könnten auch andere Länder bereits gemachte Zusagen zurückziehen. Deshalb überlegen die EU- Minister, das Finanzabkommen in jedem Fall durchzuziehen, notfalls eben ohne die USA.

Die US-Regierung setzt, wie schon im Fall des Streits um den Autohandel mit Japan, auf bilaterale Abmachungen. Nur solche Länder, die den US-Finanzfirmen freien Zugang gewähren, sollen auch in die USA gelassen werden. „Wir werden keine neuen Angebote machen“, sagte der US-Vizefinanzminister Jeffrey Shafer mit ähnlicher Sturheit, die die USA schon gegenüber Japan an den Tag gelegt hatten. Die Welthandelsorganisation, die erst zu Jahresbeginn ihre Arbeit aufnahm, würde bald überflüssig, wenn sich die US- Politik durchsetzt. lieb