piwik no script img

■ Mineralölsteuer macht keine ökologische SteuerreformEtikettenschwindel

Autofahren muß teurer werden. Dagegen kann aus ökologischen Gründen niemand etwas einwenden. Die motorisierten Zeitgenossen verursachen gesellschaftlich so viel mehr Schäden, als sie volkswirtschaftlichen Nutzen stiften, daß jede Erhöhung der Mineralölsteuer von daher gerechtfertigt und erst mal ein Segen ist. Auch die Erhöhung der Strompreise durch eine Stromsteuer, wie sie SPD-Verhandlungsführer Oskar Lafontaine in die Steuerdebatte gebracht hat, ist ökologisch nicht von Übel. Durch den Wegfall des Kohlepfennigs würde der Strom für die Verbraucher sonst sogar billiger – ein falsches Signal.

Ein Einstieg in die ökologische Steuerreform wäre aber weder die Mineralölsteuererhöhung noch die Stromsteuer. Jede ökologische Steuerreform sollte zwei Ziele berücksichtigen.

Der Preis für die Nutzung von Energie und Rohstoffen muß durch ökologische Steuern und Abgaben erhöht werden. Hauptziel dieser Abgaben ist dabei, den Verbrauch zu bremsen, entsprechend muß die Steuer ausgestaltet sein. Der Steuersatz sollte hoch genug sein, den Verbraucher zum Sparen anzureizen. Eine langfristig vorhersehbare jährliche Erhöhung der Steuer legt Firmen und Privatverbrauchern nahe, die höheren Preise bei ihren Investitionen zu berücksichtigen. Ein erwarteter, für den Finanzminister erfreulicher Nebeneffekt ist, daß so eine neue, möglicherweise sogar heftig sprudelnde Steuerquelle erschlossen wird.

Und die Einnahmen aus einer ökologischen Steuerreform dürfen nicht einfach von Theo Waigel oder einem seiner Nachfolger verbraten werden, sondern müssen den Bürgerinnen und Bürgern an anderer Stelle gleichmäßig zurückgegeben werden. Bestenfalls könnte mit einem Teil der Einnahmen, wie von den Bündnisgrünen geplant, der ökologische Umbau gefördert werden.

Die Pläne, die jetzt in Bonn von Union und SPD- Opposition diskutiert werden, versagen bei diesem Lackmustest. Eine einmalige Erhöhung der Mineralölsteuer um sechs Pfennige hat keinerlei Lenkungswirkung, lädt weder zum Verzicht auf Autokilometer noch zum Umstieg auf einen spritsparenden Kleinwagen ein. Die geplante Verwendung der Milliarden aus Mineralöl- oder Stromsteuer fürs Kindergeld oder die Freistellung des Existenzminimums ist zudem nicht ökologisch begründet, sondern bestenfalls verteilungspolitisch. Wenn Sozialdemokraten oder Christdemokraten mit einer Strom- und Mineralölsteuer die vom Verfassungsgericht geforderte Freistellung des Existenzminimums bezahlen wollen, ist das eine längst notwendige Umverteilung von oben nach unten. Ökologisch ist es deswegen noch lange nicht. Hermann-Josef Tenhagen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen