Schnelle Eingreiftruppe stößt auf Widerstand

■ Bosnische Führung beklagt Unklarheiten über den Auftrag / Britische Tricks

Vitez (taz) – „Solange der Auftrag der Schnellen Eingreiftruppe nicht klar umrissen ist, können wir ihrer Stationierung auf dem Gebiet der bosniakisch-kroatischen Föderation nicht zustimmen.“ Dies hat der Präsident der Föderation, Kresimir Zubak, gegenüber der taz erklärt. Den Eingreiftruppen werde eine Frist von 30 Tagen gesetzt, um ihren Auftrag zu präzisieren. Geschähe dies nicht, müßten sie wieder abziehen. Neuen Truppen werde kein Einlaß nach Bosnien-Herzegowina gewährt. Und Ejub Ganić, der Vizepräsident der Föderation und rechte Hand des bosnisch-herzegowinischen Präsidenten Alija Izetbegvić, wollte kurz vor seinem Verkehrsunfall am Freitag den Auftrag der neuen Truppen näher umrissen haben. Der bosnische Serbenführer Radovan Karadžić verbot der Eingreiftruppe kurzerhand, auf serbisch kontrolliertem Gebiet aktiv zu werden.

„Die Befürchtungen der bosnischen Kriegsparteien sind aus der Luft gegriffen“, erklärte dagegen Christiaan Jakobs, ein belgischer Oberst, der als Verbindungsoffizier der Unprofor in Mostar fungiert. Denn der ursprüngliche Impuls für den Einsatz der Eingreiftruppen, deren Entsendung von der britischen wie der französischen Regierung auf dem Hintergrund der Geiselnahmen durch die serbische Seite Anfang Juni beschlossen worden war, sei längst abgeebbt. Mit der Resolution des Weltsicherheitsrates vom 15. Juni „wurden die Schnellen Eingreiftruppen in das überparteiliche Konzept der UNO-Truppen eingegliedert, sie wurden dem Befehl der UNO unterstellt“, so Jakobs. Sie hätten keineswegs den Spielraum für eigenständige Aktionen.

Gerade das macht die muslimisch-kroatische Seite stutzig. Sie befürchtet, der Einsatz dieser neuen Truppen würde sich angesichts der Erfahrungen mit der UNO-Politik letztendlich gegen sie selbst wenden. Dafür spräche, daß sich die Truppen entlang der strategisch wichtigen Straßenverbindungen nach Zentralbosnien, in Tomislavgrad und Vitez, aufbauten. Mit dem UN-Sondergesandten Yasushi Akashi möchte die Regierung in Sarajevo nicht einmal mehr reden. Ihm wird zur Last gelegt, daß der ursprüngliche Auftrag für die Eingreiftruppe, nämlich die Zufahrtswege nach Sarajevo mit Gewalt zu sichern, in die genannte UNO-Resolution umgebogen wurde. Und daß die Regierung der Föderation nicht einmal um Erlaubnis für den Einsatz dieser Truppen gefragt worden ist, erinnert Kresimir Zubak an Gepflogenheiten von Kolonialherren.

„Mit der Resolution des Weltsicherheitsrates vom 15. Juni ist aber der Auftrag der Schnellen Eingreiftruppe festgelegt.“ Captain Edward Dawes, Pressesprecher der britischen Einheiten in Vitez, sieht keinen Erklärungsbedarf. „Sie sollen das Mandat der UNO durchsetzen.“ Über die bisherige Stärke der Eingreiftruppen will er sich nicht auslassen, projektiert sind 15.000 Mann. Hieß es noch vor Tagen, 2.500 Mann seien aus Großbritannien hergebracht worden, so soll es jetzt nach Auskunft von Dawes gar keine britischen Eingreiftruppen in Bosnien geben. Dies riecht nach einem Trick: Teile der bisherigen britischen UNO- Truppen wurden kurzerhand den Eingreiftruppen zugeschlagen. „Die 30-Tage-Regelung kann für die Briten nicht gelten, denn diese Truppen waren ja schon lange da.“

Für die Franzosen ist dies jedoch anders. Noch am Wochenende waren 1.000 französische Soldaten in der kroatischen Hafenstadt Ploce festgehalten. 1.000 andere französische Soldaten sind allerdings schon nach Tomislavgrad verlegt worden. Weiteren Truppen der Eingreiftruppe ist der Zugang nach Bosnien versagt. Der pausenlose Einsatz von britischen Hubschraubern in Vitez läßt jedoch darauf schließen, daß dieses Verdikt über eine Luftbrücke umgangen werden kann. Erich Rathfelder

Siehe Interview Seite 10