■ Zum Skandal im Landessportbund (LSB)
: „Haltlose Verdächtigungen“

Das „Protokoll einer Vertuschung“ aus der Samstags-taz zum Fall Jaukubowski hat am Wochenende hektische Betriebsamkeit bei den Angegriffenen ausgelöst. Sowohl das Arbeitsressort als auch das Arbeitsamt dementieren nach wie vor alle Vorwürfe und schickten eilends „Gegendarstellungen“: das Arbeitsressort unter der Überschrift „Haltlose Verdächtigungen“.

Die erfüllen nach Meinung der taz zwar keineswegs die presserechtlichen Erfordernisse, trotzdem wollen wir die Kernaussagen dokumentieren, pünktlich zur Debatte um den LSB-Skandal, die heute in der Stadtbürgerschaft auf Antrag der Grünen stattfindet.

1. Das Arbeitsamt fühlt sich zu unrecht angegriffen. Es sei am 22.2. über die Anschuldigungen des Tischlers Ludewig gegen Jakubowski informiert worden und habe gleich Kontrollen eingeleitet. Dabei habe lediglich ein Bauarbeiter erklärt, er habe auf Jakubowskis Baustelle gearbeitet – freiwillig und nach Feierabend. Zudem sei Ludewig keine ABM-Kraft, und damit sei das Arbeitsamt nicht zuständig.

Erstens: Davon, daß sofort Ermittlungen eingeleitet worden wären, kann nicht die Rede sein. Eine Woche ist verstrichen, bis der Arbeitssenator das Arbeitsamt überhaupt informiert, drei weitere, bis das Arbeitsamt seine Kontrolleure ausgeschickt hat. Zweitens: Nicht ein Bauarbeiter hat ausgesagt, daß bei Jakubowski gearbeitet worden sei, sondern mehrere. Drittens: Ludewig ist zwar keine ABM-Kraft, sondern wird über das LKZ-Programm (Lohnkostenzuschüse für Langzeitarbeitslose) finanziert. Aber auch da zahlt das Arbeitsamt einen großen Teil.

2. Jakubowski hatte gegenüber Bauarbeitern erklärt, bei Problemen mit dem Arbeitsamt, „da frage ich nur den Nitschke, der ist mein angehender Schwiegersohn“. Das Arbeitsamt erklärt, der Arbeitsamtsvermittler Nitschke habe keinerlei Beziehungen zu Jakubowski. Ohnehin sei es unerheblich, ob der von der bevorstehenden Prüfung durch das Arbeitsamt erfahren habe, weil die Befragten so oder so zur Wahrheit verpflichtet seien.

Was die Gegendarsteller bei ihrer Version vergessen, das ist Verbindung des Arbeitsvermittlers Burchard zu Jakubowski (billige Fliesen via LSB). Woher Jakubowski vorher wußte, daß das Arbeitsamt zum Kontrollieren kommt, wenn nicht aus dem Arbeitsamt selbst, dazu schweigt sich das Arbeitsamt aus.

3. Insgesamt sei das Arbeitsamt keineswegs verantwortlich. Es sei lediglich Zuschußgeber, verantwortlich sei der LSB, auch für die schlechten Arbeitsbedingungen.

Warum nehmen dann die Arbeitsamts-Prüfer die Klagen der Bauarbeiter auf, ja fordern sie sogar geradezu auf, sich wegen weiterer Beschwerden vertrauensvoll zu melden? Und wenn das Arbeitsamt nichts mit dem Bauprojekt zu tun hat, weshalb wird es dann jetzt so aktiv?

4. Der Arbeitssenator zählt noch einmal auf: Anfragen beim LSB, Information des Arbeitsamtes, Einschaltung des Stadtamtes.

Diese Aktivitäten wurden in der taz vom Samstag ausführlich dokumentiert und müssen hier nicht noch einmal wiederholt werden. Die Chronologie wird von den Fakten her nicht angezweifelt.

5. Das Arbeitsressort bestreitet, daß Staatsrat Knigge als Reaktion auf den Druck des Arbeitsamtes den Fall zur Chefsache erklärt hätte.

Mag sein. Der Eindruck aber drängt sich geradezu auf: Eine Woche lang gibt Knigge Jakubowski und dem LSB Zeit, sich zu äußern. Erst dann informiert er das Arbeitsamt. Das ist verschnupft. Und plötzlich erkennt Knigge die Brisanz und erklärt die Angelegenheit zur Chefsache.

6. Das Arbeitsressort bestreitet, daß sich der Staatsrat mehrfach gegen die Einschaltung der Staatsanwaltschaft ausgesprochen habe. Er habe sich zwar lediglich für die Einschaltung des Stadtamtes ausgesprochen, doch damit sei die Staatsanwaltschaft keineswegs ausgeschlossen worden. Die würde nämlich automatisch unterrichtet, wenn das Stadtamt auf strafrechtlich relevante Sachverhalte stößt.

Grundannahme dieser Argumentation: Es geht bei dem Fall nur um Schwarzarbeit, eine Ordnungswidrigkeit, und dafür ist das Stadtamt zuständig. Ludewigs Aussagen ließen aber eine ganze Latte von Straftaten erahnen: u.a. Nötigung, Unterschlagung, Urkundenfälschung. Der Verdacht auf diese Straftaten wurde mehrfach von den MitarbeiterInnen des Arbeitsressorts untermauert. Es ging für jeden erkennbar nicht mehr nur um eine Ordnungswidrigkeit. Trotzdem setzte Knigge zäh auf das Stadtamt.

7. Der Haushaltschef des Arbeitsressorts hatte den Verdacht geäußert, der LSB sei zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht in der Lage. Auch das habe Knigge nicht zur Einschaltung der Staatsanwaltschaft veranlaßt, so die taz. Das Arbeitsressort dazu: Knigge habe zur Klärung der Fragen dem LSB einen umfangreichen Fragenkatalog zukommen lassen.

Formal korrekt, nur: Der Haushaltschef war eine Stimme in einem Chor von MitarbeiterInnen beim Arbeitssenator, der unisono für die Staatsanwaltschaft plädierte. Nur Knigge entschied sich anders.

8. Das Arbeitsressort hatte am 9.5. bei einem Gespräch mit der LSB-Führung vom illegalen 14. Monatsgehalt Jakubowskis erfahren und nicht an die zuständige Senatskommission für das Personalwesen weitergemeldet. Dazu das Arbeitsressort: Der Staatsrat habe erst am 13. Juni aus dem Protokoll der Sitzung von dem Sachverhalt erfahren. Da sei schon das Kündigungsverfahren gegen Jakubowski eingeleitet gewesen.

Das Faktum bleibt: Die Behörde wußte seit dem 9.5. vom 14. Monatsgehalt, die SKP erfuhr davon am 19.6., von der taz.

9. Am 6. Juni hatte der Prüfer des Arbeitsressorts in einem Vermerk auf eine offensichtliche Urkundenfälschung hingewiesen. Daß die Leitung des Arbeitsressorts auch bei diesem Verdacht die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet habe, auch das liege daran, daß zuerst die Ermittlungen des Stadtamtes abgewartet werden sollten.

Der erste amtsinterne Verdacht auf Urkundenfälschung stammt vom Tag der Prüfung, die das Ressort beim Bautrupp durchgeführt hat. Das war am 16.3. Ansonsten siehe 6. J.G.