■ Haschischkonsum ist eine Frage der persönlichen Freiheit
: Drogengenuß und Kontrollsucht

Es gibt viele Arten, sich zu berauschen, die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Heide

Moser hat den bestehenden behördlicherseits eine weitere hinzugefügt. Seit dieser Woche ist die „kontrollbedürftige Genußdroge“ auf dem Markt, eine tautologische Contradictio in adjecto, für die der

guten Frau der „Orden wider den tierischen Ernst“ gebührt. Denn es gehört zweifelsohne zum Wesen der Droge, daß ihr Konsum Genuß bereitet. Diesem

Genuß mag das Bedürfnis nach Steigerung eigen sein, jedoch nicht jenes nach Kontrolle. Lustvoll wird die Kontrolle allenfalls für jene, die mit der Verfolgung der Droge die eigene lantente Begierde in dem Maße geißeln, wie sie ihrem Strafbedürfnis frönen.

Unterstellen wir Moser nicht vorschnell eine solche sadomasochistische Neigung, sondern allenfalls einen Hang zur unfreiwilligen Wortkomik, so offenbart sich in ihrem Vorstoß doch ein Dilemma, an dem alle Vorstöße zur Cannabis-Liberalisierung bislang krankten. Wo der Stoff selbst keine Gefährdung in sich birgt, kann er auch keine Kriterien hervorbringen, an denen sich das Maß seiner Bekämpfung definieren ließe. In diesem drückt sich vielmehr ein gemeinschaftliches Verständnis der schützenswürdigen Sitten und

Gebräuche aus, weshalb landläufig der Kampf gegen das Kiffen im Einklang steht mit dem Einsatz für die Reinheit deutscher Biere.

Dieses als Widerspruch zu enttarnen, ist ebenso müßig, wie der Verweis auf einen vermeintlichen Nutzen des Cannabis – etwa sein Einsatz als Therapeutikum – allenfalls eine Modifizierung der Kontrollmechanismen evoziert.

Die Liberalisierungs-Befürworter, auch Moser, sitzen am kürzeren Hebel, solange sie die Notwendigkeit einer Kontrolle zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen machen. Selbst eine solch avantgardistische Begründung wie das „Recht auf Rausch“ leitet sich ex negativo aus einer staatlichen Strafbefugnis ab, die es gerade zu hinterfragen gilt. Nicht der Cannabis-Konsum ist zu legitimieren, sondern seine Einschränkung, gehört er doch zu den Freiheitsräumen des Artikel 2 des Grundgesetzes, in die einzudringen dem Staat nur unter engen Kriterien erlaubt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Grundsatz schludrig gehandhabt, als es in seinem Haschisch-Urteil lapidar feststellte, es sei „verfassungsrechtlich hinzunehmen“, wenn der Gesetzgeber bei gleich guten Gründen für ein Verbot oder eine Freigabe von Cannabis sich für ersteres entscheidet. Selbst wenn man eine Schädlichkeit des Haschisch unterstellt, müßte in einem Rechtssystem, das den Suizid und die Selbstverstümmelung straffrei beläßt, für diese mindere Art der Selbstschädigung doch zumindest die gleiche Gesetzeslogik

gelten. Dieter Rulff