Frankfurter SPD rutscht vom Desaster in die Krise

■ Nach der Niederlage bei der OB-Wahl tritt ein Teil der Spitzensozis zurück

Frankfurt/Main (taz) – Zwei Tage nach der Wahlschlappe von Andreas von Schoeler (SPD) beim Kampf um den OB-Sessel hatten die Unterbezirksvorstandsmitglieder Sieghard Pawlik und Ute Hochgreber noch die roten Fahnen hochgehalten. Die SPD habe geschlossen wie nie für Schoeler gekämpft – und geschlossen verloren. Ministerpräsident Hans Eichel, der personelle Konsequenzen gefordert hatte, wurde grob abgebürstet: „Wir haben nicht um seinen Rat gefragt.“ Vorgestern abend warfen die alten Kämpen nach einer Krisensitzung den Bettel hin. Die Spitze der Frankfurter SPD mit Pawlik und Hochgrebe, dem Vorstandsmitglied Klaus Oeserling und mit Schatzmeister Gernot Grumbach trat zurück. Man habe der Partei eine „umfassende Debatte ohne falsche Rücksichtnahmen“ ermöglichen wollen, sagte Pawlik.

Unter Führung von Pawlik und Hochgrebe war die SPD in Frankfurt von einer Wahlniederlage in die andere und von einem Richtungsstreit in den nächsten gestolpert. Schon vor der Krisensitzung forderten einzelne Genossen deshalb „personelle Konsequenzen an der Spitze der Partei“. Auf der – geheimen – Krisensitzung blies den Vorstandsmitgliedern dann der Wind offenbar so heftig in die blassen Gesichter, daß sie reihenweise umfielen.

Der Streit zwischen den diversen Flügeln war trotz der Appelle der Vorstandsmitglieder, geschlossen die Wahlniederlage zu verkraften, schon in der vergangenen Woche wieder voll ausgebrochen. In der Lokalpresse rechneten die Exponenten der Partei miteinander ab – und untergruben so die Autorität der Vorständler endgültig. Auf dem Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen hatte der selbsternannte Wortführer der traditionellen Linken, Dieter Dehm, dem Modernisierer und Planungsdezernenten Martin Wentz vorgeworfen, eine „Politik der verbrannten Erde betrieben“ zu haben.

Wer die rund 6.700 Mitglieder der SPD in die neuen, für die Partei noch komplizierteren Zeiten unter der CDU-Oberbürgermeisterin Petra Roth führen soll, war auch am Tag nach den Rücktritten völlig offen. Auf einem Parteitag im September, der eigentlich vor den OB-Wahlen stattfinden sollte, wollen sich die Sozialdemokraten in der Bankenmetropole personell und programmatisch erneuern. Acht Wochen vor diesem Parteitag drängen sich allerdings weder neue Gesichter auf – noch gibt es eine den neuen Verhältnissen im Römer gerecht werdende neue politische Linie oder Programmatik. kpk