Die Suppe bei Opel kocht

■ Ermittlungen gegen 200 Angestellte / Auch Vorstand Enderle beurlaubt

Frankfurt am Main (rtr/dpa) – Der Opel-Vorstand Peter Enderle ließ sich gestern nachmittag laut Unternehmenskreisen beurlauben, nachdem ihn sein unmittelbarer Chef, Opel-Boß David Herman, ins Gebet genommen hatte. Zum Rücktritt ist Enderle aber noch nicht bereit, denn das könnte als Schuldeingeständnis gedeutet werden. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt ermittelt nicht nur gegen den 60jährigen Vorstand, der schon 33 Jahre bei Opel arbeitet, sondern auch gegen rund 200 Angestellte des Autokonzerns wegen Untreue und Bestechung.

Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen sollen die Opel-Angestellten Leistungen von Baufirmen und anderen Unternehmen nur zum Teil selbst bezahlt haben. Den Rest der Rechnungen brachten sie in Bauprojekten von Opel unter. Nach diesem Muster soll auch der Baukonzern Hochtief an der Wiesbadener Villa von Enderle gearbeitet haben.

Enderle hatte die Vorwürfe als „nicht gerechtfertigt“ zurückgewiesen. Nach der Durchsuchung seines Büros, von Villa und Dienstwagen durch die Staatsanwaltschaft haben die Malocher im Stammwerk Rüsselsheim nur noch die Köpfe geschüttelt: Wie kann jemand, der soviel Geld verdient, wegen so was die Karriere riskieren? Immerhin war er ein Aushängeschild für „die neue Unternehmenskultur“ bei Opel. Enderle war im April 1989 aus der europäischen General-Motors-Zentrale in Zürich in den Vorstand gerückt. Er legte mit den Grundstein für neue Arbeits- und Produktionsprozesse. Speziell in der neuen Fabrik in Eisenach führte er Gruppenarbeit und die „lean production“, die kostengünstige, schlanke Produktion, ein.

Bereits im letzten September waren die ersten Unregelmäßigkeiten bei Opel ruchbar geworden. Danach hatte das Unternehmen fünf Leuten gekündigt, bei fünf läuft der Rausschmiß, und einige haben von sich aus gekündigt. Nun wird es in Rüsselsheim erst richtig rundgehen, meint Staatsanwalt Spohn: „Das ist wie eine Lawine, die man lostritt.“