7.000 warten auf billige Wohnung

■ Gewoba will Stäwog kaufen / Mietwohnungsmarkt: Auswahl bei „hochpreisigen“ Wohnungen, Schlangestehen bei Sozialwohnungen.

Die Große Koalition will der Gewoba an den Kragen, sie nämlich von der GmbH in eine Aktiengesellschaft verwandeln, also verkaufen. Doch die Gewoba-Geschäftsführung gab sich gestern bei ihrer Bilanzpressekonferenz für 1994 recht gelassen. Nein, man überlege noch nicht mal, ob und wie die MieterInnen an einem Verkauf beteiligt werden könnten. Allerdings hat diese Woche der Aufsichtsrat beschlossen, ein Gutachten über Vor- und Nachteile eines Verkaufs in Auftrag zu geben, Ende des Jahres könnte es fertig sein. Soviel vorweg: „Eine Rechtsform-Änderung ändert nichts an der Höhe der Mieten“, sagte Geschäftsführer Werner Teetz, dafür gebe es bundesweit Beispiele, etwa die vor zwei Jahren in eine Aktiengesellschaft umgewandelte Neue Heimat Niedersachsen.

Zum Verständnis der Gelassenheit der Gewoba-Chefs: Die gemeinnützige Gesellschaft für Wohnen und Bauen mbH (Gewoba) gehört seit 1989 zu 75 Prozent den Städten Bremen und Bremerhaven und zu 25 Prozent fünf Banken; so ist es auch in einem Vertrag bis Ende 1998 festgeschrieben. Eine Änderung bedarf einstimmiger Zustimmung des Aufsichtsrates.

Wäre die Gewoba denn überhaupt börsenfähig? Schließlich muß, wer an die Börse geht, auch Anreize für etwaige Aktionäre bieten. „Nun, wir haben seit zwei Jahren gute Ergebnisse, aber das muß in den nächsten Jahren erstmal stabilisiert werden“, so Werner Teetz. Immerhin erwirtschaftete die Gewoba 1994 einen Überschuß von 24,7 Millionen Mark (1993: 24 Mio.). Davon sollen 6,8 Mio. an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Außerdem hat die Gewoba ihre Eigenkapitalquote von 11,8 auf 13 Prozent erhöhen können, will zur Jahrtausendwende sogar 20 Prozent erreichen – das ist der Durchschnitt bei den großen deutschen Wohnungsbaugesellschaften. Mehr Geld könnte die Gewoba natürlich immer brauchen, um sich zum Beispiel neue Geschäftszweige zu erschließen wie die großangelegte Stadtreparatur.

Unhektisch gibt sich die Gewoba auch, was eine weitere Zukunftsvision betrifft: Die Gewoba überlegt, die 6.000 Wohnungen der Städtischen Wohnungsgesellschaft Stäwog in Bremerhaven zu kaufen. Allerdings erwartet man zuvor ein Signal vom Senat, „ob wir als Käufer überhaupt genehm sind“. Finanziell sei das wohl machbar – schließlich hat die Gewoba auch 1994 schon knapp 1.000 Wohnnungen aus Fonds- und Stiftungsbeständen dazugekauft.

Laut Satzung ist die Gewoba verpflichtet zur „Bereitstellung preiswerten Wohnraums für breite Schichten der Bevölkerung“. Doch es sieht nicht gut aus mit preiswertem Wohnraum. Von den rund 35.000 mietpreisgebundenen Wohnungen der Gewoba (Gesamtbestand 44.000) mit einer Kaltmiete von durchschnittlich 6,08 Mark pro Quardatmeter steht keine leer

Während es in Bremerhaven wegen der nach dem Abzug der Amis freigewordenen 1.200 Wohnungen keine Wartelisten mehr gibt, drängeln sich auf der Bremer Warteliste 7.000 InteressentInnen für öffentlich geförderte Wohnungen. Vor zwei Jahren allerdings waren es schon mal 12.000 gewesen. Mehr als ein Viertel dieser Nachfrager hat kein eigenes Einkommen, rund die Hälfte ein monatliches Nettoeinkommen unter 2.000 Mark.

Eine erfreuliche Wendung wird es für diese Wohnungssuchenden wohl auch in nächster Zukunft nicht geben: Die Gewoba beginnt in diesem Jahr den Bau nur von 129 Mietwohnungen, darunter die 25 Mietwohnungen in der Hollergrund-Siedlung „Wohnen ohne eigenes Auto“ (Baubeginn Oktober). Geradezu eine Auswahl dagegen haben Zwei- bis Drei-Personenhaushalte, die Kaltmieten ab 1.000 Mark zahlen können. Im hochpreisigen Segment hat sich die Situation also eindeutig entschärft, so die Gewoba. Bei Kaltmieten von 12 bis 15 Mark pro Quadratmeter müsse man keine Warteliste anlegen.

Hält sich die Gewoba beim Bauen sehr zurück, so klotzt sie doch beim Modernisieren. Wie im vergangenen Jahr sollen 82 Millionen in den Bestand investiert werden. Bislang renovierte man vor allem die „Außenhaut“ (jetzt ist zum Beispiel das Aalto-Hochhaus dran), nun wird das Innenleben der Häuser saniert: Die Mieterinnen zum Beispiel in Sebaldsbrück und der Neustadt dürfen sich auf neue Bäder freuen. cis