Die Mönche waren viel zu fett!

■ Kann „Beyond Rangoon“ bei der Lösung der politischen Probleme in Burma helfen? Ein Gespräch mit den Exil-Burmesen U Ye Myint und U Khin Maung Yin

taz: Burma ist nicht übermäßig präsent in den deutschen Medien. Könnte „Beyond Rangoon“ wieder ins öffentliche Bewußtsein heben, was in diesem Land so vor sich geht?

U Ye Myint: Boorman wollte wohl tatsächlich einen aufklärerischen Film machen. Meiner Ansicht nach ist ihm das aber nicht gelungen: Man sieht zwar, wie brutal die Militärs im August 88 vorgegangen sind, aber die Motive und Hintergründe der Demonstrationen bleiben völlig unklar. Im Unterschied beispielsweise zu „Killing Fields“, der sehr gut den Bürgerkrieg in Kambodscha dargestellt hat, scheint es in „Rangoon“ nur noch darum gegangen zu sein, einen Vorwand für Action und wildes Herumballern zu haben.

U Khin Maung Yin: Mich hat die Darstellung des Massakers schon sehr berührt, es wirkte alles sehr echt. Nun richtet sich der Film ja an ein amerikanisches und europäisches Publikum, das diese Ereignisse schon fast wieder vergessen hat. Insofern kann es politisch nicht schaden, auf diese Weise an das Massaker zu erinnern.

Aber nützen wird es auch nichts?

U Ye Myint: Nein, ich glaube nicht. Der Bürgerkrieg erscheint in diesem Film viel zu sehr wie ein Abenteuer. Und das ist kein Ansatz für politische Konsequenzen. Allerdings ist das nächste Jahr von der Regierung als „Visit Myanmar Year“ deklariert. Die Regierung hofft, mit dieser Aktion das Land für den Massentourismus zu öffnen. Wer diesen Film gesehen hat, wird es sich aber vielleicht doch noch mal überlegen, ob Burma wirklich das richtige Reiseziel ist. Vielleicht bewirkt der Film aber auch das genaue Gegenteil, schwer zu sagen.

In Burma wird der Film sicher verboten, aber es gibt ja einen regen Handel mit Videos ...

U Khin Maung Yin: Auch das wäre viel zu gefährlich! Außerdem glaube ich nicht, daß der Film die Burmesen sonderlich interessieren wird. Bei uns wissen die Leute viel besser, als im Film dargestellt, was im August 1988 passiert ist.

U Aung Ko [ein väterlicher Berater, der sich als Schlüsselfigur der Protestbewegung entpuppt, d.R.] redet als Lauras Freund sehr viel von der Notwendigkeit, das Leiden als Buddhist und das Opferbringen als etwas Sinnvolles zu begreifen.

U Ye Myint: Ich bin Buddhist und muß gestehen, daß ich seinen Vorträgen kaum folgen konnte. Das war ziemlich krauses Zeug.

Am Ende wird die Flucht nach Thailand als großartige Rettung dargestellt, jenseits des Salween- River wartet das Rote Kreuz und die Freiheit. Das entsprach doch nicht der Wirklichkeit?

U Khin Maung Yin: 1988 nicht, und heute noch viel weniger. Die burmesischen Flüchtlinge haben größte Schwierigkeiten, in Thailand überhaupt als Flüchtlinge anerkannt zu werden. Die meisten leben unter ziemlich schrecklichen Bedingungen in Flüchtlingslagern und müssen ständig befürchten, repatriiert zu werden.

Boorman hat den Film in Malaysia gedreht. Fanden Sie Burma einigermaßen wirklichkeitsgetreu rekonstruiert?

U Khin Maung Yin: (lacht) Die Mönche waren viel zu kräftig und viel zu fett! Komisch fand ich auch, daß die studentischen Guerilla- Kämpfer immer so saubere Uniformen anhatten und quasi mitten im Gefecht immer noch dabei waren, Volleyball zu spielen.

U Ye Myint: Ich muß sagen, daß mir Patricia Arquette im Longyi gut gefallen hat, steht ihr gut. Aber es ist völlig unglaubwürdig, daß sie darin so schnell rennen konnte, und nicht mal beim Schwimmen Schwierigkeiten hatte. Interview: Dorothee Wenner

U Ye Myint und U Khin Maung Yin sind Mitglieder des „Burma-Project“, einem Berliner Verein zur Unterstützung der burmesischen Demokratiebewegung.