Kraftloser Boykott

■ Iran kündigt sowieso minimale Wirtschaftskontakte zur Norwegen auf

Stockholm (taz) – Wegen „Unterstützung der Blasphemie eines Salman Rushdie“ hat der Iran gestern die wirtschaftlichen Beziehungen zu Norwegen aufgekündigt. Teheran reagierte auf die Abberufung des norwegischen Botschafters im Iran am Montag. Birger Bye war bereits im Januar „zu Konsultationen“ abberufen worden. Nun kehrte er nach Teheran zurück, um sich endgültig zu verabschieden. Das „Einfrieren“ der diplomatischen Beziehungen auf dem „chargé d'affaires“-Niveau gilt nach den internationalen Gepflogenheiten als letzter Schritt vor dem vollständigen Abbruch der diplomatischen Beziehungen.

Norwegen hatte den Schritt mit der Weigerung Irans begründet, die Fatwa gegen den Autor der „Satanischen Verse“, Salman Rushdie, aufzuheben. Die norwegische Regierung hat sich seit dem Iran zugeschriebenen Attentat auf den norwegischen Rushdie-Verleger William Nvgaard an die Spitze der Irankritiker gestellt. So will sich Oslo nunmehr dafür einsetzen, daß die Weltbank keine neuen Kredite an Iran vergibt. Mahmud Mohammadi, Sprecher des iranischen Außenministeriums, erklärte gestern, Norwegen sei ein „Zentrum der Attacken gegen islamische Werte“.

Große Auswirkungen wird der Wirtschaftsboykott nicht haben. Mit einem Volumen von sechs Millionen Mark betrug Norwegens Handelsaustausch mit dem Iran – vorwiegend Export vom Maschinen und Import von Ölprodukten – 1994 gerade ein Zehntel Promille des Außenhandels. Und seit im Januar mit dem Iran handeltreibende Firmen keine Verlustausgleichsgarantien mehr bekommen, ist das Geschäft praktisch zum Erliegen gekommen. Reinhard Wolff