RAF-Frau sucht die Freiheit

■ Eva Haule wollte sich aus dem Gefängnis befreien lassen – aber nicht von der RAF

Berlin (taz) – Die zu lebenslanger Haft verurteilte RAF-Gefangene Eva Haule sollte offenbar aus dem Knast in Frankfurt-Preungesheim befreit werden. Geplant war die Befreiung durch eine noch unbekannte Gruppe, die nicht mit der RAF verbunden ist. Das legt ein Anfang Mai bei einer früheren Mitgefangenen entdeckter Kassiber nahe, den die taz heute in Auszügen dokumentiert. Haule hatte sich gegenüber Vernehmungsbeamten als Absenderin der geheimen Post zu erkennen gegeben, aber bisher erklärt, es sei darin allein darum gegangen, „eine Diskussionsstruktur abseits der totalen Zensur und Überwachung zu organisieren“.

Da der unbekannte Unterstützerkreis, der die Befreiungsaktion vorbereitete, nach eigener Einschätzung noch nicht über die dafür nötigen Fähigkeiten verfügt, wurde eine „Hilfeersuchen“ an die noch im Untergrund lebenden RAF-Mitglieder erwogen. Haule, die sich 1993 nach heftigen ideologischen Auseinandersetzungen politisch von der RAF trennte, plädiert in dem Kassiber jedoch dafür, „es lieber ohne die alte Familie anzugehen und zu sehen, wie weit wir kommen“. Zur Begründung nennt sie den Streit mit der RAF in den letzten Jahren, die Sorge, daß „da noch ein faules Ei ist“ (die Formulierung erinnert an den Verfassungsschutz-Spitzel Klaus Steinmetz), und schließlich die Erwartung, daß die RAF eine solche Aktion wohl nur unterstützen werde, wenn auch die in Bad Kleinen festgenommene und ebenfalls in der JVA Preungesheim einsitzende „böse Schwester“ Birgit Hogefeld befreit würde.

Neben den unbekannten Helfern, an die der Kassiber gerichtet war, sollten andere „beste Freunde“ das „Danach“ – also das Untertauchen nach der Befreiung – organisieren. „Direkt beim Praktischen“, so Haule in dem zweiseitigen Brief, wolle eine weitere Freundin „einen Part übernehmen“. Der Kassiber war am 4. Mai bei der am selben Tag aus der Haft entlassenen Mitgefangenen entdeckt worden, als diese den Prozeß gegen Birgit Hogefeld besuchte. Die Bundesanwaltschaft ermittelt seither gegen Haule und Hogefeld wegen Mitgliedschaft und gegen die Briefträgerin wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Offenbar um die Ermittlungen nach 129a zu rechtfertigen, spekulierten die Ermittler anfangs auch über bevorstehende neue Anschläge. Dafür finden sich jedoch keinerlei Hinweise. gero Seiten 10 und 12