Mächtig zusammengezimmert

■ „24 Stunden: Baugrube Berlin“ (So., 23.30 Uhr, Sat.1)

„Janz Balin is eene Käsestulle“, muß Reporter Stefan Pannen in der B.Z. aufgeschnappt haben, als er gerade mal wieder zu einem Kurzbesuch in der Stadt weilte. Überall Baukräne. Da müßte man mal was drüber machen, dachte er sich, und weil Sat.1 auch davon gehört hatte, daß hier „mächtig gebuddelt“ wird, erteilte man Pannen – schwupps – den Auftrag: flotter 30-Minüter für unsere Reportagereihe „24 Stunden“.

Pannen und sein Bremer Produktionsteam haben den Namen der Sendung ein wenig zu ernst genommen: Ihre Reportage wirkt wie in nur einem Arbeitstag zusammengezimmert. Anstatt sich auf einen Aspekt der nachmäuerlichen Berliner Buddelmanie zu konzentrieren, werfen die Reporter gleich drei Themen in die Grube. Im Morgengrauen (die Sendung fängt, logo, morgens an, und hört, logo, morgens wieder auf) sehen wir den Iren Fergie aus seinem Wohnwagen in Teltow stolpern. Der Mann hat, vermutlich auf Geheiß des Kameramanns, am Abend zuvor einige Guinness zuviel gehabt. Leider werden in der ganzen Sendung keine wirklich relevanten Zahlen genannt, deswegen erfahren wir auch nicht, wie viel Fergie gesoffen hat, um dermaßen groggy auszusehen.

Trotzdem geht der Ire natürlich auf seinen Bau in der Friedrichstraße und kloppt Rigipsplatten zu Wänden zusammen. Was will uns Pannen damit sagen? Es gibt viele Ausländer auf Baustellen, die nehmen den Deutschen die Arbeit weg, weil sie mehr Bock auf Überstunden haben und weniger dafür kassieren? Wer daran verdient, Bauunternehmer und Investoren, bleibt in dem Film, logo, unerwähnt.

Dafür erfahren wir von Kranfahrer Willibald, daß er oben in seiner Kanzel einen Eimer stehen hat. Und daß das Weinhaus Huth, drüben am Potsdamer Platz, noch von ganz normalen Menschen bewohnt wird. Diese klagen seit einigen Wochen, logo, über Schlafstörungen. Rund um sie herum wird gebaggert und betoniert. Das macht Lärm. Bauherr Daimler, eine Firma, der rote Zahlen so peinlich sind wie unsereinem die Pickel im Gesicht, hat den aufmüpfigen Mietern, die man leider nicht einfach rauswerfen kann, Hotelaufenthalte und diverse Geldsummen angeboten. Allein, die wahrscheinlich Rechtsschutzversicherten wollen höher hinaus. Deshalb dürfen sie vor Pannens Kamera heftig klagen und, kluge Marktwirtschaftler die sie sind, den Preis für ihren eigenen Auszug weiter hochtreiben. Interessant und journalistisch sauber wäre es gewesen, auch mal einen Daimler-Menschen zu der Sache zu interviewen. Aber innerhalb der 24 Stunden war wohl keiner aufzutreiben. Andreas Becker