■ Mit billigem Kaffee auf du und du
: Verbrüht

Berlin (taz) – Das Kaffeekartell kann einpacken. Die kaffeeproduzierenden Länder hatten sich erst 1993 zusammengeschlossen, um durch gezielte Angebotsverknappung einen Preisverfall zu verhindern. Jetzt beschreiben Händler den Kaffeepreis als „im freien Fall“ befindlich. Nur noch knapp über 2.000 US-Dollar kostet die Tonne zur Zeit; vor einem Jahr, nach heftigen Frösten in Brasilien, lag der Preis noch doppelt so hoch. Ein Händler auf der Londoner Kaffeebörse erklärte die anhaltende Spekulation auf fallende Preise damit, daß nun viele mit einem Ende des Kaffeekartells rechneten.

Vergangenen Montag hatten Kolumbien, Costa Rica, El Salvador und Honduras eine Umkehr des Trends versucht. Sie stoppten ihren Kaffeeexport, um so den Preis wieder hochzutreiben. Das wird wohl vergeblich bleiben: Der Welt größter Kaffee-Exporteur Brasilien gab am Donnerstag offiziell bekannt, nichts dergleichen tun zu wollen. Gestern verkündete auch das drittgrößte Kaffeeland Indonesien, sich nicht an irgendwelchen Exportbeschränkungen beteiligen zu wollen.

Ab heute wollen in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá Vertreter der kaffeeproduzierenden Länder Lateinamerikas über eine gemeinsame Strategie angesichts des Preisverfalls beraten. Doch kann nicht mit einer Kehrtwende Brasiliens gerechnet werden. Nach der Mißernte im letzten Jahr wollen die dortigen Kaffeepflanzer so viel wie möglich verkaufen, egal zu welchem Preis. Der Kaffee hat in Brasilien nur einen Anteil von drei Prozent an den Gesamtexporten (in Kolumbien sind es 19 und in El Salvador 28 Prozent), und daher wird die Volkswirtschaft von verfallenden Kaffeepreisen nicht besonders hart getroffen. Nicola Liebert