UNO meint, Hormonfleisch sei gesund

■ Das Hormonverbot der EU kommt unter Druck, nur Amerikaner freuen sich

Brüssel (taz) – Heimlich, still und hinter verschlossenen Türen hat eine Unterorganisation der UNO, die sogenannte Codex-Alimentarius-Gruppe, Grenzwerte für Hormonrückstände im Fleisch festgelegt. Experten hätten bestätigt, so die Begründung, daß Hormone in geringen Mengen nicht gesundheitsschädlich seien. Die Europäische Kommission in Brüssel protestierte gestern gegen den Beschluß und sagte, daß sie am Einfuhrverbot für hormonbehandeltes Fleisch festhalten wird.

Der Codex-Alimentarius, der eng mit der Welternährungs- und der Weltgesundheitsorganisation zusammenarbeitet, hat die Aufgabe, weltweit einheitliche Standards für Nahrungsmittel festzulegen. Seine Entscheidungen stützen sich auf Wissenschaftler, die von der Gruppe selbst ausgewählt werden. EU-Agrarkommissar Franz Fischler bezweifelte gestern, daß die Experten wirklich unabhängig sind. „Ich bin überzeugt“, sagte er, „daß eine Entscheidung von solcher Tragweite durch geheime Abstimmung in einer Organisation, in der der Einfluß der Agrarindustrie weit größer ist als der von Verbraucherverbänden, nur das Vertrauen der Verbraucher in diese Organisation untergraben kann.“ Das sei um so bedauerlicher, als Codex- Alimentarius künftig eine bedeutende Rolle bei der Festlegung von Nahrungsmittelstandards spielen sollte.

Die Abstimmung, die auf Drängen der USA zustandekam, war mit 33 gegen 29 Stimmen bei sieben Enthaltungen denkbar knapp ausgefallen. Die Europäische Kommission sieht dahinter vor allem ein Manöver Washingtons, um den Druck auf die Europäische Union zu erhöhen. In der EU sind die Verwendung von Hormonen und die Einfuhr von Fleisch hormonbehandelter Tiere verboten. Der Bann betrifft vor allem Fleisch aus den USA, wo Hormonspritzen zur Mastbeschleunigung legal und üblich sind. Die US-Regierung hat mehrfach versucht, diesen Bann als unerlaubtes Handelshemmnis zu brandmarken. Alois Berger