Maulwurf in Haft

■ In Berlin erster Tatverdächtiger der Tunnelgangster festgenommen

Berlin (taz) – Genauso heimlich, still und leise, wie die vier Geiselnehmer ihren Tunnel im Westberliner Nobelstadtteil Zehlendorf gegraben haben, um sich letzte Woche unbemerkt mit fünf Millionen Mark und etlichen Schließfachpretiosen aus dem Staub zu machen, ermittelt seitdem die Sonderkommission „Coba“ (Commerzbank). Informationen über die Arbeit von „Coba“ gibt es nur kleckerweise. Chef der „Coba“-Jäger ist der gleiche Beamte, dem der Kaufhauserpresser Dagobert nach fast zwei Jahren quasi in die Arme gelaufen war.

Diesmal scheint der Erfolg schneller zu kommen. Gestern verkündete Justizsprecher Rüdiger Reiff, daß am Donnerstag morgen ein erster Tatverdächtiger festgenommen wurde. Spuren aus dem Fluchttunnel hätten zur seiner Festnahme geführt. Angaben über Alter, Herkunft und Namen behält die Polizei aber noch für sich. Derzeit ist noch nicht klar, ob der Verdächtige an der Geiselnahme oder nur an der Vorbereitung beteiligt war. Einem Antrag auf Haftbefehl wegen „mittäterschaftlich begangene Geiselnahme“ sowie schwere räuberische Erpressung und Raub mit Schußwaffe gab der zuständige Richter statt.

Seitdem seit Wochenanfang Phantombilder durch die Zeitungen geistern und eine halbe Million Mark Belohnung winken, sind bei der Polizei über 500 Hinweise eingegangen. Am Donnerstag abend glaubte irgend jemand, daß die zwei Franzosen in einem Musikcafé in Ostberlin irgendwie den Phantomgestalten ähneln, rief die Polizei, und schwupps, wurden der 39jährige Kellner und der 50jährige Computerfachmann festgenommen.

Anschließend durchsuchte die Polizei deren gemeinsame Wohnung und fertigte von den beiden Brillenträgern Fotos mit und ohne Sehhilfe. Ohne eine Entschuldigung brachten die Beamten les monsieurs nach fast drei Stunden zurück in die Kneipe. „Die brauchen einen schwarzen Peter“, schimpfte der 39jährige Georges D. gestern im Gespräch mit der taz. Barbara Bollwahn