Langer Einschluß bei Sommerhitze

■ Sonntags um 18 Uhr: Personal bummelt Überstunden ab

Provoziert die Justizverwaltung „Gefängnis-Unruhen“? Diese Befürchtung äußerte der kulturpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Albert Eckert. Nachdem Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) die Justizvollzugsanstalten (JVA) angewiesen hatte, die angesammelten Überstunden der Justizbediensteten nach eigenem Gutdünken abzubauen, werden die Mittel- und Langstrafer der JVA Tegel ab kommenden Sonntag bedeutend länger als bisher unter Verschluß gehalten. Nach Angaben von Justizsprecherin Uta Fölster öffnen sich dann an Sonn- und Feiertagen die Eisentüren statt wie bisher um 6.30 Uhr eine Stunde später. Einschluß ist statt wie bisher um 22 Uhr bereits um 18 Uhr.

Nach Informationen eines Insassen soll der sonntägliche „Nachtverschluß“ in den Häusern 5 und 6 sogar bereits um 16.45 Uhr erfolgen. Demnach haben mehr als zwanzig Häftlinge eine einstweilige Verfügung beantragt, weil sie sich „nicht nur benachteiligt“, sondern „erheblich in ihren Rechten eingeschränkt“ fühlen.

Christoph Flügge, Leiter der Abteilung Justizvollzug der Senatsverwaltung, begründet diese Entscheidung damit, daß die Mittel- und Langstrafer in den beiden Häusern in ihren Zellen über Einzel-Fernseher verfügen. Ob nach dem Abbummeln der „exorbitant gestiegenen Überstunden“ aufgrund des zu geringen Personals und gestiegener Häftlingszahlen wieder die 22-Uhr-Schließzeiten gelten werden, kann Flügge nicht sagen: „Ich weiß nicht, wann wir das wieder lockern können.“

Im letzten Sommer waren Tegeler Häftlinge für eine Verkürzung der Schließzeiten in einen mehrtägigen Hungerstreik getreten, weil die sogenannten „drogenbelasteten“ Häuser wie die „drogenfreien“ Häuser behandelt werden sollten. Ergebnis des Protestes an den heißen Sommertagen war nur die Ausgabe von kaltem Tee und sonntägliches Lüften der Zellen für zusätzlich neunzig Minuten. Barbara Bollwahn