Zaires großes Problem heißt Mobutu Sésé Séko

■ Gestern hätte Zaire eine neue Regierung wählen sollen – eigentlich

Berlin (taz) – Daß es mit dem Termin 9. Juli nichts werden würde, war seit langem absehbar – hatte sich doch erst im Mai diesen Jahres nach langen Querelen eine Wahlkommission gebildet, die die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Zaire organisieren sollte. Schon die logistischen Probleme waren in derart kurzer Zeit kaum zu lösen: Als drittgrößtes Land Afrikas – Deutschland mißt gerade ein Sechstel der Fläche – verfügt Zaire nur über rudimentäre Infrastruktur.

Schwerwiegender aber sind die politischen Probleme: Die Dominanz von Gefolgsleuten des Diktators Mobutu in der oberen Verwaltungshierarchie sowie ein immer noch existentes Netz der ehemaligen Einheitspartei MPR (Mouvement Populaire pour le Renouveau) hätten zum jetzigen Zeitpunkt eine faire Wahl vereitelt und einen Boykott der Opposition provoziert. Und nicht zuletzt fehlten auch die rund 500 Millionen Dollar zur Organisation der Wahlen.

So hat das Parlament entschieden, die „Übergangsperiode“ noch einmal um zwei Jahre zu verlängern – ein zairetypisches Phänomen: Während der politische Umbruch Anfang der neunziger Jahre in fast allen schwarzafrikanischen Staaten zu einschneidenden politischen Veränderungen führte, blieb der politische Prozeß in Zaire blockiert. Das Problem heißt Mobutu Sésé Séko, putschte sich im November vor 30 Jahren an die Macht und hat sie bis heute.

Im April 1990 versprach er zwar Reformen und führte das Mehrparteiensystem ein – aber er verstand es doch, die zwischenzeitlich starke Oppositionsbewegung in den entscheidenden Momenten des Machtkampfes klein zu halten. Sein jüngstes Opfer: Erzbischof Monsengwo Pasinya. Zunächst als Vorsitzender der Nationalkonferenz nahm der katholische Prälat seit Ende 1991 wohl die wichtigste Vermittlerrolle zwischen Opposition und Präsidenten ein, wobei er selbst klar dem demokratischen Lager zuzuordnen war. Er geriet zwischen die Fronten, als er 1993 für einen „dritten Weg“ plädierte, der weder das gewählte Kabinett von Oppositionsführer Etienne Tshisékédis (UDPS), noch die von Mobutu im März 1993 eingesetzte Marionettenregierung anerkannte. Aus der Verschmelzung beider Parlamente ging der heutige Regierungschef hervor, der moderate Oppositionelle Kengo- wa-Dondo. Prompt gab es Ärger von allen Seiten: „Zu konziliant“ gegenüber Mobutu sei Monsengwo, ein „Verräter“ an der Opposition.

Daß er nun von Opposition und Mobutu-Lager gemeinsam seines Amtes enthoben wurde, verdeutlicht nur, wie sehr die Strategie Mobutus gegenüber wichtigen Gegenspielern aufgeht: bedrohen, mürbe machen, diskreditieren. Aussicht auf Wahlen in zwei Jahren? „Eher nach der Jahrtausendwende“, kommentiert ein Zairer. Daniel Stroux