■ Mit Restjugoslawiens Arbeit auf du und du
: Die Kriegs-Zeche

Belgrad (AFP) – Mehr als drei Jahre Handels-, Finanz- und Ölembargo haben in Restjugoslawien deutliche Spuren hinterlassen. Die Wirtschaft der aus Serbien und Montenegro bestehenden Republik steht am Rande des Abgrundes. Die Bevölkerung verarmt und macht ihrem Ärger in zahlreichen Streiks und Protestaktionen Luft. In Pancevo beispielsweise, 20 Kilometer nordwestlich von Belgrad, sind 1.200 Arbeiter einer Flugzeugfabrik seit fast sieben Wochen im Streik. Rund 200 von ihnen blockieren seit über einer Woche den Eisenbahn- und Straßenverkehr Richtung Ungarn und Rumänien. Seit vier Monaten haben die Streikenden keinen Lohn mehr erhalten – die Angestellten der Luxus-Ladenkette Jugoeksport warten schon seit acht Monaten auf ihr Geld.

Das durchschnittliche Monatseinkommen beträgt 70 Mark, bei ständig steigenden Lebensmittelpreisen. Für Zehntausende von Jugoslawen, egal ob arbeitslos oder nicht, bleibt zum Überleben nur der Schmuggel mit den Nachbarländern Rumänien, Ungarn, Bulgarien und Mazedonien. Die Behörden dulden den Schmuggel, ermutigen ihn sogar. Denn er schafft Abhilfe bei zahlreichen zur Mangelware gewordenen Produkten. Rar sind vor allem Benzin, Zigaretten, Putzmittel und Zucker.

Wie alarmierend der Zustand der jugoslawischen Wirtschaft ist, zeigte sich bei einem Treffen führender Wirtschaftswissenschaftler des Landes in Budva (Montenegro) Ende Juni. Ihre Bilanz: hochschnellende Inflation, dahinsiechende Industrietätigkeit, technologischer Rückstand, minimaler Außenhandel und soziale Probleme aufgrund der Arbeitslosigkeit. Nach Angaben der Wissenschaftler sind zur Zeit 700.000 Jugoslawen arbeitslos, gleichzeitig gibt es etwas über 2,2 Millionen Kurzarbeiter.

Die Auslandsschulden betragen umgerechnet 12,6 Milliarden Mark, während 2,8 Milliarden Mark auf überwiegend US- amerikanischen Konten eingefroren sind. Andererseits hat Restjugoslawien sieben Milliarden Mark Außenstände im Ausland, die es erst eintreiben kann, wenn die Sanktionen aufgehoben sind. Schließlich schuldet Belgrad Privatleuten 6,3 Milliarden Mark, deren Devisendepots es bei Ausbruch des Krieges im ehemaligen Jugoslawien sperrte. Bis jetzt hat das am 31. Mai 1992 verhängte Embargo gegen Restjugoslawien dem Land nach Angaben der Belgrader Regierung 210 Milliarden Mark gekostet und es auf das Niveau der sechziger Jahre zurückgeworfen. Milan Dragovic