Der Papst gibt sich als Frauenfreund

■ In einem „offenen Brief“ beklagt Johannes Paul II. Mängel in der sozialen Anerkennung

Rom (taz) – Ja, wer hätte das gedacht: gut acht Jahre, nachdem Karol Wojtyla in seinem ersten Pastoralschreiben „Mulieris dignitatem“ eine Art Manifest der Unterwerfung der Frauen unter die Dominanz von Kirche und Mann publiziert hatte, staunt man geradezu, was er nun in einem „offenen Brief“ von sich gibt. Es schmerze ihn, wie sehr die Frauen in der Gesellschaft zurückgesetzt seien, ungern nur höre er antifeministische Ausfälle, die sich leider immer mehr häuften, und am Ende spricht der Papst gar von „aufrichtiger Reue“ über die Rolle, die die katholische Kirche bei der Nichtanerkennung fraulicher Gleichberechtigung gespielt hat.

Natürlich, so merken Papstkritiker sofort an, lugt auch hier immer wieder die alte Definition der Frau vor allem als angetrautes Ehegespons, als lebenslange Jungfrau oder „Braut Christi“ (Nonne) hervor. Dennoch scheinen Welten zwischen früheren Auslassungen und denen des 10. Juli 1995 zu liegen. Auf weiten Strecken „könnte vermutlich nahezu jede feministische Gruppe die Statements des katholischen Oberhirten unterschreiben“ (La Repubblica), von der Verurteilung einer Reduktion der Sexualität zum rein animalischen Instinkt über die Forderung nach einer würdevollen erotischen Beziehung auch in der Ehe bis zur Darstellung einer vollen Gleichberechtigung im beruflichen und öffentlichen Leben als „Fundament jeder Gesellschaft“. Kein Wort mehr vom der traditionellen Einschätzung des „Mannes als Haupt der Familie“, dem sich alle, auch die Frau, zu unterwerfen hätten, aus dem Blick auch die Überhöhung der Keuschheit (im Priestertum oder Klosterleben), wie sie noch „Mulieris dignitatem“ gezeichnet hatte.

So ganz zum entscheidenden Schritt hat es aber dann doch wieder nicht gereicht – zur Behandlung der Frage nach der kircheninternen Gleichberechtigung der Frauen, vor allem zu ihrer Zulassung zu dem bisher ausschließlich den Männern vorbehaltenen Priesteramt. „Aber vielleicht“, hoffte, ganz ohne Ironie, ein sogar selbst aus dem Vatikan stammender Kommentator im staatlichen Rundfunk RAI, „vielleicht lebt er ja noch so lange, daß er noch einen dritten Lehrbrief über Frauen schreiben könnte, und dann ist sicher auch dieses Tabu gebrochen.“

Das allerdings dürfte ein frommer Wunsch bleiben. Denn am Ende kehrt der Papst dann auch in diesem vordergründig so fortschrittlichen Schreiben wieder zu seiner Lieblingsidee zurück – danach sind Mann und Frau „komplementäre Erscheinungen der Humanität“. Und in einer Komplementarität hat bekanntlich jeder seine Rolle – und die des Priesters ist eben eine männliche. Werner Raith