Waffenschieber des BND gehen straffrei aus

■ Landgericht Hamburg urteilt über „Panzeraffäre“ / Verwarnungen erwartet

Berlin (taz) – Die Herren vom Bundesnachrichtendienst werden wohl mit einem blauen Auge davonkommen. Wenn das Hamburger Landgericht heute mittag sein Urteil fällt, wird es für den Direktor Gerhard W. (61) und den Oberstleutnant Dieter S. (47) mit hoher Warscheinlichkeit nur eine Verwarnung mit Strafvorbehalt geben. Die beiden Geheimdienstler gehen damit praktisch straffrei aus – und dies, obwohl sie wegen „illegaler Beförderung von Kriegswaffen“ verurteilt werden.

Rückblende: Eher zufällig entdecken am 26. Oktober 1991 zwei Wasserschutzpolizisten im Hamburger Freihafen auf dem israelischen Containerschiff „MS Palma“ mehrere Ketten- und Radfahrzeuge – versteckt unter schweren Planen. Es handelt sich um Kriegsgerät, das aus Beständen der früheren NVA stammt. 14 Paletten sind es, darunter Flugzeugabwehrpanzer und ein komplettes Flugabwehrsystem vom Typ SA-6. Die Staatsanwaltschaft läßt die Fracht, die vom BND als „Landmaschinen“ deklariert worden war, beschlagnahmen. Eine vom Bundessicherheitsrat notwendige Genehmigung für den Rüstungsexport liegt nicht vor. Der geplante Transport verstößt gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.

Im Zuge der Beschlagnahme werden nach und nach die Konturen einer jahrelang praktizierten „wehrtechnischen Zusammenarbeit“ der Bundeesrepublik mit „befreundeten Staaten“ bekannt, die unter Mitwirkung des Bundesnachrichtendienstes am Parlament vorbei abgewickelt wird. Die Regierung räumt ein, daß es zwischen der deutschen Einheit im Oktober 1990 und der vereitelten Lieferung ein Jahr später insgesamt 14 solcher geheimer wie illegaler Waffentransfers von der Bundesrepublik nach Israel gegeben hat.

Im April vergangenen Jahres werden dann mit Gerhard W. und Dieter S. zum ersten Mal zwei hohe Beamte des BND wegen ihrer Amtsgeschäfte vor Gericht angeklagt. Am Ende des Verfahrens fordern die Verteidiger Freispruch. Aber auch die Staatsanwaltschaft will den Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz nur symbolisch geahndet sehen. Der Vertreter der Anklagebehörde beantragte Dienstag letzter Woche eine Verwarnung mit dem Vorbehalt von Geldstrafen. Die Verurteilung zu dieser Strafe kann sich das Gericht für die Dauer einer Bewährungszeit vorbehalten. Die „Panzeraffäre“ ist dann auch juristisch aus der Welt geschafft. Wolfgang Gast