Die Kunst, das Geld und der Verfall

■ Die Bauten auf der Museumsinsel können nicht saniert werden, weil das Geld fehlt / Alte Nationalgalerie wird statt 1995 erst 1997 umgebaut / Im Pergamonmuseum kommt die Decke herunter

Die großen Kulturbauten auf der Museumsinsel drohen auf Jahre zu einer dauerhaften Mischung aus bröckelnden Ausstellungshallen und Ruinen zu verkommen. Weil die notwendigen finanziellen Mittel zur Modernisierung der Alten Nationalgalerie, zur Sanierung des Pergamonmuseums sowie des Bodemuseums vom Bund gekürzt worden sind, fürchten die Museumsexperten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz den Verfall ihrer repräsentativen Institute. Wegen des schlechten baulichen Zustands und der Ungewißheit der Umbaumaßnahmen muß zugleich die Neugestaltung der Sammlungen auf die lange Bank geschoben werden.

Die Alte Nationalgalerie, die Ende 1995 für die Renovierungsarbeiten geschlossen werden sollte, werde durch der Kürzungen besonders in Mitleidenschaft gezogen, sagte Wolfgang Kahlcke, Sprecher der Stiftung. Der Bau sei „von Grund auf sanierungsbedürftig“. Ein neuer Umbautermin sei nun für 1997 festgelegt worden, obwohl der Stiftungsrat der Sanierung „höchste Priorität“ attestiert hatte, so Kahlcke. Für die Sammlung sowie die Besucher sei die Beschaffenheit des kriegsbeschädigten Hauses derzeit ungenügend. Zum Teil seien verschiedene Räume nicht zu nutzen.

Die Finanzlage hat sich für die Museumsbauten seit zwei Jahren dramatisch verschlechtert. So stellte der Bund 1994 nur 110 Millionen Mark an Baumitteln zu Verfügung. Statt der versprochenen 120 Millionen Mark für das Jahr 1995 wurde der Etat auf 100 Millionen heruntergefahren. Die kalkulierten Sanierungskosten allein für die Alte Nationalgalerie belaufen sich auf 150 Millionen Mark. Die vom Stiftungsdirektor Werner Knopp geplante Flächenerweiterung durch den Bau eines Zwischengeschosses von 2.767 Quadaratmeter auf fast 3.200 Quadratmeter steht auf der Kippe.

Der Wiederaufbau des Neuen Museums für die ägyptische Kunst soll darüberhinaus über 200 Millionen Mark kosten. Lediglich „akute Arbeiten“ wie die Reparatur der großen Treppe vor der Nationalgalerie würden durchgeführt, so Kahlcke. Verfallserscheinungen an anderen Gebäuden verschlängen riesige Summen. So hätten kürzlich herabstürzende Deckenteile im Pergamonmuseum wieder repariert werden müssen. Eine Gefährdung für Besucher hätte aber nicht bestanden. Außerdem hätte sich die Bausubstanz des Bodemuseums als „viel fragmentarischer als angenommen“ herausgestellt. Dort seien ebenfalls dringende Sanierungen notwendig. „Wenn nichts geschieht, werden die Nöte immer größer“, sagte der Sprecher.

Die Finanzlücke tangiert auch die Neuordung der Sammlung. So wird die kulturhistorische Rekonstruktion der Gemäldesammlung mit Kunst aus dem 19. Jahrhundert verschoben werden müssen. Diese Sammlung soll durch die „Galerie der Romantik“ mit Bildern von Runge, Caspar David Friedrich, Schinkel, Blechen und anderen deutschen Romantikern, die sich derzeit im Charlottenburger Schloß befinden, wieder vervollständigt werden. Damit würde ein wesentlicher Bestandteil deutscher Kunst an ihren „Ursprungsort“ (Kahlcke) auf der Museumsinsel zurückkehren. Rolf Lautenschläger