Optimismus in Grosny

■ Verhandlungen gehen weiter, auf den Durchbruch wartet man aber noch

Moskau (taz) – Als gutes Zeichen muß gewertet werden, daß die Verhandlungspartner in Grosny ohne Unterbrechung um ein Ergebnis ringen. Substantiell haben die Gespräche, anders als von Nachrichtenagenturen am Montag gemeldet, jedoch nur wenige Fortschritte gebracht. Trotzdem verbreitet Rußlands Unterhändler Arkadij Wolski verhaltenen Zweckoptimismus: Ein „Durchbruch“ sei zu erwarten, sobald sich die Rebellen und die von Moskau installierte Übergangsregierung auf eine Lösung des verfassungsrechtlichen Status Tschetscheniens geeinigt hätten. Ebenfalls umstritten scheint die Zusammensetzung einer geplanten Übergangsregierung, die bis zu den im November angesetzten Neuwahlen amtieren soll.

Optimistisch zeigten sich auch die OSZE-Vermittler. Sie sprachen von einer gemeinsamen Basis, die man inzwischen für die Verhandlungen über den verfassungsrechtlichen Status gefunden habe. Worin diese Basis jedoch besteht, wurde nicht klar.

Indes sollen Freischärler — nach Angaben russischer Militärs — ihre Kampfhandlungen wiederaufgenommen und vereinzelt russische Posten angegriffen haben. Drei Soldaten seien getötet worden. Nach dem Mord an einer tschetschenischen Familie hatten am Wochenende in Grosny Massenkundgebungen stattgefunden. Der örtliche Polizeichef Gantemirow, ein treuer Vasall Moskaus, soll ihre Auflösung und im Falle des Widersetzens den Gebrauch der Schußwaffe angeordnet haben. Die Polizei verweigerte den Befehl, worauf Gantemirow drohte, seine paramilitärische Truppe mit Polizeiaufgaben zu betrauen. khd