Kein Entrinnen aus dem Teufelskreis

■ Für bosnische Kriegsflüchtlinge bringt die Arbeitserlaubnis keinen besseren Status beim befristeten Aufenthalt

Vor knapp drei Wochen hatte die Senatsverwaltung für Inneres bekanntgegeben, daß die rund 25.000 bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge, die in Berlin bislang nur „geduldet“ wurden, jetzt eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsbefugnis bekommen können, wenn sie sie selbst beantragen. Diese neue Regelung hat jedoch einen entscheidenden Haken: Die Aufenthaltsbefugnis wird nur erteilt, wenn ein Arbeitsplatz nachgewiesen wird.

„Diese ganze Neuregelung ist ein Witz“, sagt Peter Kužmar vom Deutschen Roten Kreuz empört. Für die bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge sei es nahezu aussichtslos, vom Arbeitsamt eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Es entstehe ein Teufelskreis, aus dem es kein Entkommen gebe, bestätigt auch Aso S. aus Bijelina. Vor einem Jahr ist der 53jährige Baufacharbeiter aus Bosnien nach Deutschland geflohen. Alle seine Versuche, vom Arbeitsamt eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, sind gescheitert.

Ursache für diese ganze Misere ist der vor zwei Jahren ausgehandelte Asylkompromiß. Damals wurde festgelegt, daß Flüchlinge aus Bürgerkriegsgebieten keinen Asylanspruch haben. Aus humanitären Gründen sah man aber von einer Abschiebung nach Bosnien- Herzegowina ab und erteilte allen bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen in der Stadt eine sogenannte Duldung.

Da sich die Bürgerkriegsflüchtlinge mit einem völlig ungeklärten ausländerrechtliche Status in einem Provisorim befinden, gesteht ihnen das Arbeitsamt auch nur eine „allgemeine“ Arbeitserlaubnis zu. Diese gilt im Gegensatz zur „besonderen“ nur für eine bestimmte Zeit und nur für einen bestimmten Job. Daran geknüpft ist aber eine sogenannte „Arbeitsmarktprüfung“.

Legt der Flüchtling ein Arbeitsangebot vor, wird erst mal geprüft, ob es Deutsche, EG-Ausländer oder Ausländer mit einem anerkannt gesicherten Status gibt, die auch auf einen Job warten, bestätigt die Sprecherin des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg, Melanie Nassauer. Sie räumt allerdings ein, daß eine solche „Mixtur“ von Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsbefugnis unzulässig sei.

Gemacht wird es trotzdem. Šukrija K. ist 55 Jahre alt und wohnt seit 8 Monaten in einem Wohnheim des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Tegel. Gemeinsam mit seiner Frau, seinen drei erwachsenen Töchtern und seinem 16jährigen Sohn ist er aus Srebrenica geflohen. Seine Versuche, vom Arbeitsamt die Arbeitserlaubnis für einen Job als Hilfsarbeiter zu bekommen, sind alle gescheitert. Von den 400 bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen, die in diesem Wohnheim in Tegel leben, hat es bisher nur ein einziger geschafft, die Hürde der „Vortrittsklausel“ zu nehmen und eine Arbeitserlaubnis und damit eine befristete Aufenthaltsbefugnis zu bekommen. „Eine absolute Ausnahme“, räumt Peter Kužmar vom DRK ein.

Das DRK selbst hat den Lehrer aus Sarajevo als Übersetzer angestellt. Es sei sehr schwierig gewesen, aber letzlich habe das Arbeitsamt die Arbeitserlaubnis rausrücken müssen, da es eben nicht so viele Anwärter gebe, die als Dolmetscher für Serbokroatisch in der Schlange stünden, so Sozialarbeiter Peter Hofmann.

Für die Flüchtlinge sei das mehr als tragisch. Mit dem Trauma des Krieges, der Sorge um ihre Verwandten und Freude, ohne die Hoffnung, daß sich in ihrer Heimat bald etwas ändern wird, und ohne Arbeit oder Beschäftigung, angewiesen auf Sozialhilfe, führen sie hier in Deutschland ein schier unerträgliches Leben, kritisiert DRK-Mitarbeiter Peter Kužmar die Gesetzeslage. Es sei jetzt an der Zeit, das Provisorium der Duldung für die Bürgerkriegsflüchtlinge aufzuheben. Michaela Eck