Die Autonomie wird verschoben

■ Israelis und Palästinenser wollen sich jetzt Anfang August einigen / Rabin bietet Stufenplan für Selbstverwaltung an

Tel Aviv (taz) – Jassir Arafat verprühte mittlerweile ungewohnten Optimismus. Anfang August würden Israelis das langersehnte Abkommen über die zweite Phase der palästinensischen Autonomie unterzeichnen, zitierte die ägyptische Zeitung al-Mussauar in ihrer gestrigen Ausgabe den Chef der palästinensischen Selbstverwaltung und Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO).

Wie vor fast zwei Jahren das Abkommen von Oslo würde der neue Kontrakt auf dem Rasen vor dem Weißen Haus in Washington unterzeichnet, im Beisein von US- Präsident Bill Clinton. Die Tatsache, daß mit Arafats Ankündigung der zuletzt gehandelte Stichtag für die Unterzeichnung – der 25. Juli – vom Tisch ist, läßt erahnen, daß bis zu einer wirklichen Einigung noch viel zu verhandlen ist. Ebenso Arafats Ankündigung, daß zu einem späteren Zeitpunkt in Kairo „vier Anhänge zu dem Abkommen“ unterzeichnet werden sollen.

Überraschend wurde gestern ein in Italien angesetztes Treffen zwischen israelischen und palästinensischen Unterhändlern abgesagt. Auf nachdrücklichen Wunsch Arafats werden die Delegationen nun irgendwo im Nahen Osten verhandeln. Ort und Zeit stehen noch nicht fest, wohl aber, daß die Medien bei den Verhandlungen außen vor bleiben sollen. Sprecher des israelischen Außenministeriums weisen unterdessen daraufhin, daß es in den bisherigen, monatelangen Verhandlungen nur zu einer Einigung über 60 Prozent der Probleme gekommen sei, die das neue Zwischenabkommen lösen soll.

Die israelische Regierung hat Arafat nach eigener Darstellung angeboten, die Westbank in vier Zonen einzuteilen, von denen der Großraum Jerusalem ausdrücklich ausgenommen ist. Bis zum Herbst dieses Jahres soll die aus den Städten der nordwestlichen Westbank Jenin, Nablus, Tulkarem und Kalkilya bestehende „Zone A“ schrittweiese von israelischen Truppen geräumt und der palästinensischen Selbstverwaltung übergeben werden. In „Zone B“, bestehend aus den südlicheren Westbankstädten Ramallah, Bethlehem und Hebron, sowie in den rund 450 palästinensischen Dörfern und Flüchtlingslagern bleiben die israelischen Besatzungstruppen alleinentscheidende Macht. Der palästinensischen Polizei wird jedoch gestattet, 18 Wachstationen zu errichten und für die innere Ordnung und Sicherheit in den eigenen Städten, Dörfern und Lagern zu sorgen. Das gesamte Straßennetz und von Israelis bewohnte Siedlungen mit ihren Ländereien sowie militärische Installationen bleiben unter israelischer Kontrolle. Möglich sollen jedoch gelegentliche gemeinsame Patrouillen israelischer und palästinensischer Uniformierter sein.

Während der derzeit für den frühen Winter vorgesehenen palästinensischen Wahlen sollen sich die israelischen Truppen vorübergehend aus dem Inneren der in „Zone B“ liegenden Städte Ramallah, Bethlehem und Hebron zurückziehen. In den großen Zonen „C“ und „D“, in denen sich israelische Militärlager und –installationen, sowie die nahezu 150 jüdischen Siedlungsgebiete befinden, wird sich der Status quo im Laufe der nächsten zwei Jahre im wesentlichen nicht ändern. Die Palästinenser verlangen derzeit, daß in den Verhandlungen vor der Unterzeichnung eines neuen Abkommens wenigstens ein Termin festgelegt wird, an dem die israelischen Truppen mit dem Abzug aus den nicht von Israelis besiedelten Teilen der verschiedenen Zonen beginnen sollen.

Bei den Verhandlungen soll auch die Frage der 27 verschiedenen Zivilverwaltungsressorts in der Westbank erörtert werden. Besonders heikel sind sämtliche Bereiche, die mit Wasser und Böden zu tun haben. Die Israelis bestehen darauf, daß bei der Wasserverteilung der Status quo erhalten bleibt. Das bedeutet, daß Israel weiterhin vier Fünftel des Westbankwassers verbraucht. Derzeit sind das jährlich 520 Millionen Kubikmeter. Den PalästinenserInnen bleiben die restlichen 130 Millionen Kubikmeter.

Ungelöst sind auch noch grundsätzliche Fragen in Zusammenhang mit den palästinensischen Wahlen. Israel will verhindern, daß das gewählte Gremium wie von den Palästinensern gefordert als Parlament auftritt. Meinungsverschiedenheiten gibt es auch darüber, ob und wie sich in Ostjerusalem lebende PalästinenserInnen daran beteiligen dürfen. Amos Wollin