USA wollen Forschungsmeiler entwaffnen

US-Energieministerin O'Leary bot schon 1994 Kooperation bei der Umstellung auf nicht waffentaugliches Uran an / Doch die Professoren bestehen auf dem Spiel mit dem Waffenstoff  ■ Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) – In Zukunft wird es der Bundesregierung schwerer fallen, den Einsatz von Bombenuran im geplanten Forschungsreaktor München II (FRM II) für „unverzichtbar“ zu erklären. Ein Schreiben von US-Energieministerin Hazel O'Leary an den Präsidenten des privaten Nuclear Control Institutes in Washington, Paul Leventhal, belegt, daß die Clinton-Administration bereits seit vergangenen September erhebliche Anstrengungen unternahm, die Deutschen vom geplanten Konzept der Garchinger Neutronenschleuder abzubringen. Schlimmer noch: Gegenüber dem Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, Gebhard Ziller, unterbreiteten die Abgesandten des Department of Energy einen Kooperationsvorschlag, der es der deutschen Seite ermöglichen sollte, auf das anachronistische Projekt zu verzichten und dennoch das Gesicht zu wahren.

Der FRM II, der nach der Jahrtausendwende an der Technischen Universität München das legendäre Garchinger „Atomei“ ersetzen soll, wird nach bisheriger Planung jährlich rund 40 Kilogramm atomwaffentaugliches hochangereichertes Uran (HEU) verbrennen. Das Konzept steht im klaren Gegensatz zu langjährigen Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, Waffenuran schrittweise aus zivilen Nuklearkreisläufen zu verbannen und durch praktisch nicht waffentaugliche Brennstoffe niedrigerer Anreicherung zu ersetzen. Die USA haben bereits vor zwei Jahren versichert, daß die Garchinger Reaktorplaner nicht mit HEU-Lieferungen aus den USA rechnen können. Die Gefahr des Projekts liegt für die Amerikaner im „Präzedenzfall Garching“. Wenn das Projekt wie geplant realisiert werde, könnten andere Staaten, auch solche, denen geheime militärische Absichten unterstellt werden müssen, das gleiche Recht für sich beanspruchen. Der internationale Handel mit Waffenuran würde – kaum kontrollierbar – zunehmen.

Praktisch schlägt O'Leary eine Kooperation zwischen Wissenschaftlern des renommierten Argonne National Laboratory (ANL) und den Reaktorplanern in Garching vor. Im ANL waren in den achtziger Jahren jene „hochdichten Uransilizid-Brennstoffe“ maßgeblich entwickelt worden, die die TU-Professoren nun in Garching einsetzen wollen. Allerdings sollten die High-Tech-Brennelemente ursprünglich gerade den Verzicht auf hochangereichertes Uran möglich machen. Die Konstrukteure des FRM II scherten sich nicht darum. Sie wollen die Neuentwicklung einsetzen und trotzdem beim hochangereicherten Bombenuran als Brennstoff bleiben. Ihr Vorschlag, betont die US-Ministerin in ihrem Schreiben an den Garching-Gegner Leventhal, eröffne die Möglichkeit, den Münchner Professorenehrgeiz, weltweit „den höchsten Neutronenfluß pro Energieeinheit zu produzieren“, zu befriedigen. Deutschland könne so bei den internationalen Anstrengungen, Waffenuran aus dem zivilen Sektor zu verbannen, weiter eine wichtige Rolle spielen, ohne seine technologische Spitzenstellung bei der Konstruktion von Forschungsreaktoren zu gefährden.

Bisher wollte die goldenen Brücken, die die Amerikaner bauen, in Bonn und München offenbar niemand betreten. Im Januar äußerte sich Bernd Neumann, ebenfalls Forschungsstaatssekretär, gegenüber dem Haushaltsausschuß des Bundestages zu den Gesprächen mit der US-Administration. Zitat: „Die amerikanische Seite zeigte sich beeindruckt von Konzept sowie Planungs- und Genehmigungsstand des Reaktors.“ So kann man es auch ausdrücken.