Sippenhaft bei KAFU

■ Mann wurde wegen Weidedamm-Verdacht aus dem Supermarkt geworfen

In Bremen ist die Sippenhaft wieder eingeführt worden. Wer lange Haare hat oder sonstwie neben der Norm aussieht, soll sich bei KAFU in Findorff lieber nicht sehen lassen. Denn wer nach Weidedamm aussieht, wird nicht bedient, prinzipiell. Das hat die KAFU-Geschäftsführung entschieden. Und manchmal trifft es auch die gänzlich Unbeteiligten.

Den Tag wird Hartmut Lesche nicht so schnell vergessen. Als der junge Mann gestern mit einem Sack Hundefutter in der Kassenschlange bei KAFU in der Hemmstraße stand, fand er sich plötzlich von zwei düster dreinblickenden Männern umrahmt. Und die sagten auch ganz unverblümt, was sie wollten: Sie seien die Ladendetektive, und er solle schleunigst die Ware abgeben und den Laden verlassen. „Solche Leute wie Dich und Deine Kumpels haben hier Hausverbot.“ Das habe die Geschäftsführung so entschieden. Da half kein Diskutieren. Auch später beim Filialleiter nicht.

Lesche hatte nämlich messerscharf kombiniert, daß kaum er persönlich gemeint sein könnte, sondern das bunte Völkchen vom noch unbebauten Weidedamm nebenan. So merkwürdig ihm der Rausschmiß erschien, selbst wenn er einer von den WeidedämmlerInnen gewesen wäre – so oder so – mit denen hat Lesche gar nichts zu tun. Lesche wohnt mit Frau und Kind im Ostertor und war auf dem Weg zu seiner Parzelle In den Hufen. Doch das hat die Detektive schon nicht interessiert, und den Filialleiter erst recht nicht. „Der wollte sich auf keine Diskussion einlassen. Er hat nur gesagt, die Geschäftsführung hat das so angewiesen.“ Dann haben ihn die beiden Detektive bis an die Ladentür eskortiert, und draußen war er. Ohne Hundefutter.

Ein Anruf bei KAFU in der Hemmstraße, ein ziemlich kurzer: „Dazu sage ich gar nichts“, sagt der Filialleiter Nolte. Und dann sagt er gar nichts, außer, daß für alle weiteren Fragen die Bremer Zetrale zuständig sei. Die gibt tatsächlich Auskunft. „Man muß die Maßnahmen differnziert sehen“, begründet der Bremer KAFU-Geschäftsführer Reinhard Sack. „Am Weidedamm rotten sich wieder die Autonomen zusammen, wie im letzten Jahr. Da haben wir sogar Karatekämpfer einstellen müssen.“ Ganze Gruppen seien dabeigewesen, „den Laden leerzuräumen.“ Und wenn das Personal oder eine Kundin dazwischengegangen seien, dann seien die auch mal angegriffen worden. Messer, Schlagringe, Gas, das habe es in der Filiale alles schon gegeben. „Die Polizei kommt erst nach Stunden, wenn überhaupt.“ Ein halbes Jahr sei Ruhe gewesen, seit das Wetter besser geworden sei, seien die Übergriffe wieder losgegangen. „Erst gestern haben drei Mann den Filialleiter und einen Detektiv mit Reizgas angegriffen. Man muß die Mitarbeiter verstehen, daß die aufgebracht sind.“

Daß nun ein im Sinne der KAFUschen Rechtsordnung Unschuldiger aus dem Laden geworfen sei, das sei ziemlich bedauerlich, sagt Sack. „Aber das kann passieren. Der junge Mann soll sich bei mir melden, damit wir die Sache aus der Welt schaffen.“ J.G.