Rundumschlag

■ Wohnkultur,Folge11 Abschliff, Wohnaroma und Klausel 38: Ein Vermieter meldet sich zu Wort

Nach zehn Folgen wohnkultureller Betrachtungen hat man mich als Vermieter beauftragt, die Dinge einmal aus meiner Sicht zu schildern. Und ich muß schon sagen: Wohnen scheinen viele der zumeist weiblichen Autoren als eine Art Menschenrecht aufzufassen. Ja, man geht soweit, die Wohnung als sein Eigentum zu betrachten, in dem man schalten und walten kann, wie es einem behagt. Dem muß entschieden widersprochen werden.

Hatte es in Folge 1 noch relativ vermieterfreundlich geheißen, „jeder Mensch trage ein Zimmer in sich“ – ein Ausspruch des Schloßbesitzers Franz Kafka – wird in Folge 2 die doch wohl nur angemietete Wohnung zum Schlachtfeld (v)erklärt: „Endlich kam die Zeit, in der meine Wohnung aussah wie die Wüste Gobi. Wie Nomaden zogen die Handwerker hindurch...“ In Folge 3 werden irrationale Ängste vor sinnvollen Modernisierungsmaßnahmen geschürt: „Bald werden sie kommen, die Männer in den blauen Zweiteilern mit den Schutzhelmen und Baseballmützen auf dem Kopf. Sie werden von außen ins Zimmer glotzen.“

Na und?

Nicht ohne Grund verwenden die meisten Vermieter die Standardmietverträge des örtlichen Haus- und Grundbesitzervereins, dem man übrigens eine hübsche Jahresgebühr zu entrichten hat. Am wichtigsten neben dem Vermerk über die jährliche Höhe der Staffelmiete (denn natürlich steigen nicht nur für Mieter, sondern auch für Vermieter die Lebenshaltungskosten) ist die von vielen Mietern eines Wohnobjekts gern übersehene Klausel 38.

Die besagt, daß jeder Mieter die Wohnung nach seinem Auszug nicht nur besenrein, sondern im ursprünglichen Zustand zu übergeben hat. Ich möchte ihre Mitarbeiterin Hoffmeyer einmal sehen, wenn es ihr eines Tages langweilig wird, Fotos fremder Menschen aus der Mülltonne zu fischen, und sie sich zum Umzug entschließt: „Ob es hier drin irgendwie besonders riecht, weiß ich nicht. Selber weiß man das nie. Aber natürlich hat jede Wohnung ihr spezielles Aroma.“

Und ein Vermieter merkt sich dieses Aroma, auch wenn er mit noch so vielen nach Angstschweiß riechenden Bewerbern, alle Ärzte oder Krankenschwestern, nie Rechtsanwälte, bei der Anmietung durch die Räumlichkeiten geschritten ist und über die Höhe des Abstands für den Teppichboden nachgedacht hat. Selbstverständlich ist auch das Aroma einer Wohnung in den alten Zustand zurückzuversetzen, sofern es denn verändert wurde (und, liebe Mieter, ich habe noch keinen meiner langjährigen Gäste erlebt, der nicht beim Wohnen raumklimabelastende Ausdünstungen von sich gegeben hätte).

Eindringlich sei auch vor der eigenmächtigen Begradigung des Fußbodens gewarnt. Die Mieter schleifen, ohne unsereins zu Rate zu ziehen, die Dielen ab. Ritsch, ratsch ist die Farbe verschwunden, die ja beim Auszug noch leicht zu erneuern wäre. Schwieriger ist es, das abgeschliffene Holz wieder herbeizuschaffen, das sie leichtfertig in den Hausmüll gegeben haben. Ansonsten, liebe Kulturwohnende, denken Sie doch einmal daran: Jeder Vermieter trägt die Verantwortung. Andreas Becker