Geballter Baulärm

■ Bürgerinitiative aus der Köthener Straße klagt gegen debis und ABB wegen Lärmbelästigung / Mietminderung gefordert

Die größte Baustelle der Stadt macht nicht nur den meisten Krach. Zugleich wird nur wenig zur Vorsorge gegen die Belästigungen durch Maschinen und Bagger unternommen, obwohl doch da besonderer Lärmschutz nötig wäre. So sehen es jedenfalls die Bewohner der Köthener Straße, die sich von der Baustelle am Potsdamer Platz seit einem Jahr „gequält“ fühlen. „Die Baustelle macht krank“, sagte gestern Rita Ottens, Sprecherin der Anwohnerinitiative Köthener Straße, auf einer Diskussionsveranstaltung mit den Investoren debis/Daimler- Benz und ABB. Es gehe nicht weiter an, daß Fenster nicht mehr geöffnet werden können und Nachtarbeiten den Schlaf stören.

Weil die Wohnqualität durch Lärm, Staub und Erschütterungen erheblich herabgesetzt wird, wollen die Mieter mit einer Klage eine Mietausgleichszahlung von debis sowie ABB erwirken. „Die Wohnsituation hat sich durch vorbeirasende Lkw, nächtliche Blendlichter und ohrenbetäubenden Lärm auch nach 22.00 Uhr für mich verschlechtert“, sagt die Mieterin Susanne Gerstel. Mit einer Mietzahlung oder der Bereitstellung einer Ersatzwohnung sollten debis und ABB zur Anerkennung ihrer Belästigungen und Emissionen gedrängt werden. Eine Anwohnerin: „Das wäre für uns ein Zeichen, daß die Bauherren für ihren Dreck geradestehen müssen.“

Die Kritik der Mieter – in der Köthener Straße leben rund 1.000 Menschen hauptsächlich in Sozialwohnungen, einem Studentenheim und dem Rollheimerdorf – richtet sich nicht nur gegen den Baulärm der Investoren. Richtig wütend macht sie die Haltung der Umweltverwaltung, die mit Ausnahmeregelungen den Baulärm noch erlaubt und sich schwertut bei Lärmmessungen. Bislang, so der Umweltreferent Ehren, seien durch Messungen keine ungesetzlichen Lärmüberschreitungen festgestellt worden. „Falsch“, ruft ein Anwohner, „bei mir wurden 200 Dezibel gemessen!“ Außerdem habe die jüngste Lärmprobe an einem „besonders idyllischen Tag stattgefunden“: Während der Messung sei auf der Baustelle wohl gerade ein Ruhetag eingelegt worden.

Von der Umweltverwaltung erwarten die Anwohner, daß sie sich jetzt stark macht für eine Bauzeit nur zwischen 8.00 und 17.00 Uhr. Außerdem müsse, so der Kreuzberger Bezirkspolitiker Franz Schulz, der „konzertierten Lärmaktion“ von debis und ABB, die im Herbst mit ihrem 250 Meter langen Bau beginnen, durch Schallschutz, die Sperrung der Köthener Straße und die Schaffung von Anwohnerparkplätzen begegnet werden.

Die Vertreter der Investoren, Ahlbrecht (debis) und Dreyer (ABB), gelobten Besserung; freilich ohne konkrete Lösungen auf den Tisch zu legen: Man werde ein Lärm-Info-Telefon einrichten, Staubwege sollten asphaltiert und Kreissägen „eingehaust“ werden. „Baustellen machen Krach“, sagte Dreyer. Da helfe nur eins: „Love it or leave it.“ Doch genau das wollen die Mieter nicht. rola