Eingreiftruppe ohne Auftrag

■ UN-Soldaten in Bosnien haben kein Mandat für die Befreiung von Srebrenica

Tomislavgrad (taz) – In einem Talkessel in der Nähe von Tomislavgrad in der Westherzegowina haben die französischen Truppen ihre Zelte aufgeschlagen. Die Lastwagen und Panzer, die da in Reih und Glied stehen, sind hellbraun angestrichen. Es ist noch die Tarnfarbe aus dem Golfkrieg, die man seitdem nicht entfernt hat. Das 2.Infanterieregiment der französischen Fremdenlegion war damals mit dabei.

Die Soldaten fühlen sich als eine Elite innerhalb der französischen Armee. „Hier sind sehr gute und erfahrene Soldaten versammelt,“ erklärt ein Fremdenlegionär namens Peter, der ursprünglich aus Deutschland kommt. Die Einheit wäre bereit, sich sofort an jeden Kampfplatz zu begeben. „Auch nach Srebrenica.“ Doch die Entscheidung darüber hinge natürlich nicht von den Soldaten ab. „Das wird oben entschieden.“

„Bitte keine Fragen über Srebrenica.“ Der französische General Andre Soubirou, der offiziell der Kommandierende des multinationalen Teils der sogenannten Eingreiftruppe ist, zuckt nur mit den Achseln. Er werde nur Fragen beantworten, die den Rahmen seiner Entscheidungsbefugnis nicht übersteigen. Dann läßt sich der Offizier doch zu einer Klarstellung hinreißen. „Es gibt oder gab keine Absicht, in Srebrenica oder anderswo zu intervenieren.“

Der Aufbau der Eingreiftruppe sei noch nicht abgeschlossen, deshalb könnte sie auch nicht in der UN-Schutzzone Žepa zum Einsatz kommen. Bisher seien 2.000 Franzosen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina eingetroffen, die das Rückgrat des multinationalen Teils der Eingreiftruppe bildeten.

Diese Truppen, die jetzt als „task-force berta“ bezeichnet werden und die aus den Fremdenlegionären und einer Panzereinheit des Heeres bestehen, müssen jedoch weiter auf den Einsatz warten. Bei der englischen „task-force alpha“ nämlich hapere es. So seien die von Großbritannien angekündigten 4.000 Mann des 24.Air Mobile Regiment noch gar nicht in der Region eingetroffen, die mit britischen Truppen vor Ort dann eine Mannschaftsstärke von 5.500 Mann erreichen. Gibt es also Unstimmigkeiten bei der Koordination zwischen den beiden Ländern?

Daß die britischen Truppen, deren Eintreffen von deren Oberkommandierenden Wilsey schon am 4. Juni angekündigt worden war, noch nicht vor Ort sind, ist nach der inoffiziell geäußerten Ansicht britischer Offiziere in der Tat ein Problem. Es seien nicht allein die Transportprobleme schuld, sondern im Gegensatz dazu hänge alles ab von Entscheidungen auf der höchsten Ebene. Aber: „Auch wenn jetzt der Befehl zum Einsatz käme, so bräuchten die 4.000 Mann britischer Soldaten mindestens bis Anfang August, um hier zum Einsatz bereit zu sein.“

Unklarheit besteht jedoch auch hinsichtlich des genauen Auftrags der Eingreiftruppe. Daß sie demnächst zur Unterstützung der Blauhelme in den Enklaven oder gar zur Rückeroberung Srebrenicas eingesetzt werden könne, sei illusionär. „Die Eingreiftruppe bewegt sich im Rahmen des Mandats der Unprofor, und das sieht keine Maßnahmen zur Erzwingung des Friedens vor“, erkärt Souberou. Den Schutz der Zivilbevölkerung schließt das UNO-Mandat nicht ein. So bleibt auch mit der schnellen Eingreiftruppe alles beim alten. Den Oberbefehl über die Eingreiftruppe hat der französische General und bisherige Oberbefehlshaber der Unprofor, Janvier, inne. Damit ist die Truppe endgültig in das Gesamtkonzept der UNO eingebunden.

Der Ankündigung des französischen Verteidigungsministers Charles Millon, innerhalb von 48 Stunden über einen Militäreinsatz der Eingreiftruppe gegen die Serben zu entscheiden, fehlt somit jede Grundlage. Zum einen ist die Truppe noch nicht einsatzbereit, zum anderen fehlt ihr der Auftrag.

Die deutschen Soldaten, die als Sanitätstruppe in Kroatien stationiert werden sollen, werden nicht als Teil der Eingreiftruppen definiert. Bei der deutschen Vorhut von 15 Mann, die am letzten Montag in der kroatischen Künstenstadt Trogir eingetroffen ist, herrscht Unsicherheit. „Wir hängen hier bisher in der Luft“, erklärte der Presseoffizier. „Wir wissen nicht einmal, wieviele Deutsche letztendlich kommen werden.“ Erich Rathfelder