Kein Bobby, eher ein J.R.

■ Gesichter der Großstadt: Peter Schwenkow, Multimillionär und Kultur-Händler: Sein Kommerzkultur-Netzwerk wird sich mit dem Schiller Theater fast komplettieren

Er spricht eher leise, sachlich und beherrscht. Dabei schwingt indes ein Unterton von Aggressivität und Beleidigtsein mit. Manche nennen es Arroganz. Peter Schwenkow ist ein Gewinnertyp, wie er jetzt auch im Buche steht. Moritz Müller-Wirth hat ihn kürzlich gemeinsam mit dem Besitzer des Aufbau-Verlags, Bernd F. Lunkewitz, unter dem Titel „Die Kultur-Macher. Eine Zwischengeneration auf dem Vormarsch“ (Fannei & Walz) porträtiert.

Auf dem Vormarsch ist Peter Schwenkow schon lange. Aber ein Kultur-Macher ist er nicht. Er verkauft Kultur, nennt sich selbst gern einen „Dienstleistenden“. Es hätten auch Autos sein können, sagt er. Es sind aber Konzerte, Varietéprogramme, amerikanische Soft- Klänge auf Radio jfk und jetzt auch bald Musicals in Berlins ehemaligem Staatstheater West.

Als 24jähriger gründete der aus Hamburg kommende HdK-Student Peter Schwenkow 1978 mit 20.000 Mark Stammkapital die Agentur Concert Concept und plante in der Waldbühne ein Konzert mit Frank Zappa, Peter Gabriel und John McLaughlin. Anpacken statt rumsitzen und diskutieren, hat er sich wohl damals gedacht, und die Selbsterfahrungsgespräche der KommilitonInnen waren ihm sicher ein Graus.

Wegen Dauerregens mußte Schwenkows Konzert damals zwar in die Deutschlandhalle umziehen, doch 1981 hat er die Waldbühne dann gepachtet und sie seitdem nicht mehr aus der Hand gegeben. Mittlerweile muß er – als Ergebnis der Benachteiligungsklage eines Konkurrenten – zwar ein Drittel der vorgesehenen 30 Veranstaltungen pro Jahr mit anderen Berliner Veranstaltern durchführen, aber die Waldbühne gilt eben doch als Schwenkows Waldbühne.

Und der „Wintergarten“ ist Schwenkows Varieté. In Stuttgart, Halle und Wien hat er ähnliche Häuser. In Berlin versucht er seit drei Jahren, mit André Heller und Bernhard („Roncalli“) Paul Seifenblasen und Blütenträume auf der heruntergekommenen Potse wachsen zu lassen. Die Programme haben Niveau, und auch wenn der Wein nur in Flaschen verkauft wird – es gibt ausreichend Touristen, denen das nichts ausmacht.

Der CDU-Mann Schwenkow hat ein klar marktwirtschaftliches Kulturverständnis: was die zahlungskräftige Menge will, wird ihr in erster Qualität verkauft. Er verachtet den Typus des intellektuellen oder gar volkserzieherischen Feuilletonisten, der sich fragt, ob das, was Geld bringt, denn wirklich Kunst sein könne. Gleichzeitig pocht er auffallend stark auf seine Unabhängigkeit vom Urteil dieser Zunft. Als Ausgleich für eventuelle Defizite auf diesem Gebiet wird er vom Senat hofiert, wie es sich kein Kunstschaffender in Berlin träumen lassen könnte.

Concert Concept ist die drittgrößte Konzertagentur Deutschlands. Längst ist sie – mit knapp zwei Dutzend anderen Firmen – Teil eines Konzerns namens „Berlin Entertainment Companies“, der Geschäftsführer heißt natürlich Peter Schwenkow. Dessen Aufstieg vom tatkräftigen Studenten zum Multimillionär fordert Achtung, zumal die Millionen eben nicht mit Autos verdient wurden.

Wie lange, fragt man sich allerdings, kann ein Mensch bruchlos immer nur aufsteigen? Wie lange damit weitermachen, allein über die Arbeit „zu einer gewissen Zufriedenheit und damit zu einem gewissen Glücksgefühl zu kommen“, wie er sagt?

Das Schiller Theater, das er jetzt übernimmt (die taz berichtete) wird Schwenkows Berliner Kommerzkultur-Netzwerk fast komplettieren. Jetzt fehlte nur noch ein Schwenkowscher Kino-Multiplex, vielleicht ausschließlich mit Chaplin-Filmen und alten Hollywood- Schinken, wegen der Nostalgie. Die Konkurrenten schreien „Monopol!“, aber der Kulturverkäufer mit der goldenen Nase und dem außerordentlichen Verhandlungsgeschick läßt sich nicht irritieren, und an eine Pleite denkt er schon gar nicht.

Falls es aber doch eine geben wird, käme er sicher wieder auf die Füße. Schließlich hat ihn sein Imperium fest im Griff, und schließlich ist er trotz seines jungenhaften Aussehens kein Bobby, sondern eher ein J.R. Außerdem hat er seinen Jahrtausendcoup ja auch schon rechtzeitig vorbereitet: Alle 70 Säle des ICC hat er gemietet für die Silvesternacht 1999/2000. Und das bereits 1981. Petra Kohse