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Finanzamt umdribbelt

Sportliches Steuerloch auch in den Niederlanden / Verzweifelt gesucht: ein gewisser Romario  ■ Aus Amsterdam Falk Madeja

Die niederländischen Steuerbehörden wußten sich keinen Rat mehr. Der von ihnen Gesuchte war in den Niederlanden merkwürdigerweise nicht aufzufinden. Aber wo steckte er dann? Eine Anzeige in der größten Zeitung des Landes, De Telegraaf, sollte für Aufhellung sorgen, brachte zunächst aber helle Aufregung. Geforscht wurde nämlich nach einem gewissen Romario, außerhalb des Finanzamtes kein ganz unbekannter Mann, der nun eine ärgerliche Affäre mehr am Hals hat. Diesmal geht es nicht um Frauen oder die Teilnahme an Trainingseinheiten, sondern um das gesamteuropäische Sommerlochthema Nummer eins: Steuerhinterziehung.

Per Inserat gesucht wurde also eine Person, die „ohne bekannten Wohn- und Arbeitsplatz innerhalb oder außerhalb des Königreiches“ sei, und Romario wurden von den Finanzbeamten in Eindhoven zwei Tage Zeit zugestanden, sich in den Niederlanden zu melden. Das geschah nicht, statt dessen erfuhren die findigen Fahnder Erstaunliches. Romario, Weltfußballer des Jahres 1994 und maßgeblich am WM-Gewinn des brasilianischen Teams in den USA beteiligt, war seit seinem Engagement beim PSV Eindhoven von 1989 bis 1993 eine Weile in Barcelona werktätig und wird heute manchmal in Brasilien beim Training und etwas häufiger beim Spiel gesehen – gelegentlich auch schon mal in der Kirche. Sein Trainer Wanderley Luxemburgo hat bei Flamengo Rio de Janeiro gerade wegen Romario das Handtuch geworfen, weil dieser fortan ohne Training Arbeitnehmer des Vereins sein wollte.

Seine Aussage in Sachen Steuern hat er längst getroffen: Natürlich habe er nichts bezahlt, als er für den PSV Eindhoven in der niederländischen Ehrendivision spielte. Das sähe ihm auch kaum ähnlich, schließlich gehörte Romario nicht umsonst zu jenen brasilianischen Weltmeistern, die sich am hartnäckigsten weigerten, für die Einfuhr von bei der WM in den USA erworbenen Luxusgütern nach Brasilien Zoll zu bezahlen.

Zwei Millionen Gulden soll der kleine Torjäger in Eindhoven pro Jahr verdient haben – wie er meint, vertragsgemäß steuerfrei. Der PSV hätte die lästigen Zahlungen – gemunkelt wurde von einigen hunderttausend bis einigen Millionen Gulden – an die Finanzbehörde übernehmen sollen. Ähnlich stellt dies Romarios Anwalt Michel Assef dar, der inzwischen mit dem Finanzministerium Kontakt aufnahm. Die Steuerangelegenheiten Romarios seien vom Klub geregelt worden, dieser habe es allerdings in den Jahren 1991 und 1992 versäumt, die Abgaben zu entrichten. Es handle sich, so Assef, jedoch lediglich um eine Summe von maximal 10.000 Dollar.

Wenigstens ein Anhaltspunkt für das Finanzamt, das auf die persönliche Mithilfe Romarios aber, wie es scheint, weiterhin verzichten muß. Es sei denn, die Beamten versuchen es mal mit einer Zeitungsanzeige in Rio de Janeiro.

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