Weltraum-Feuerwerk gefährdet Ozonschicht

■ Experten warnen vor der zunehmenden Umweltzerstörung durch die Raumfahrt

In den nächsten Jahren, bis zum Ende des Jahrzehnts, soll ein Weltraumfeuerwerk abgebrannt werden, wie es in der Geschichte der Raumfahrt noch keines gegeben hat. Allein drei amerikanische Firmengruppen wollen mehr als 125 Satelliten starten, mit denen weltweit operierende Satellitennetze für Funktelefone errichtet werden sollen. Dazu kommen etwa 75 US- amerikanische, russische – eventuell auch europäische – Raketenstarts zum Aufbau der internationalen Raumstation Alpha.

All dies wird nicht ohne Auswirkungen auf jene Ozonschicht bleiben, die uns in der Stratosphäre – bislang noch – vor der harten Ultraviolettstrahlung der Sonne schützt. Einer jetzt vorgelegten Studie der amerikanischen Aerospace Corporation über ozonzerstörende Stoffe, die durch die Raumfahrt entstehen, ist zu entnehmen, daß durch Weltraumstarts pro Jahr etwa 800 Tonnen an Chlorverbindungen und 1.000 Tonnen Aluminiumoxid freigesetzt werden. Dabei hat sich inzwischen auch ergeben, daß jede startende Weltraumrakete kleine Löcher in die Ozonschicht brennt.

Der mit Abstand größte Verschmutzer ist den Untersuchungen zufolge der US-Raumtransporter Spaceshuttle. Danach folgen die US-amerikanischen Raketen Titan 4 und Delta 2. An vierter Stelle schon ist dann die europäische Ariane 4 zu finden. Alle diese Raketen verwenden beim Start Zusatzraketen, die mit festem Treibstoff arbeiten, der bei der Verbrennung ozonzersetzende Chlorwasserstoff-Verbindungen freisetzt.

Wie die Fachzeitschrift Space News meldet, halten Experten der kalifornischen Firma TRW den bisherigen Umfang der Verschmutzung noch nicht für besorgniserregend, obwohl er langfristig zur globalen Ozonschädigung beitrage. Allerdings rechnen sie damit, daß sich die Produktion der ozonzerstörenden Stoffe durch Raketenstarts bis zum Jahr 2000 verdoppeln wird, unter anderem auch durch die neue europäische Großrakete Ariane 5, die im November dieses Jahres zum ersten Mal starten soll.

Neuere Untersuchungen zeigen, daß nicht nur beim Start, sondern auch beim Wiedereintritt von Raumflugkörpern in die Erdatmosphäre ozonschädigende Stoffe gebildet werden. Verglühen Satelliten oder Raumfahrttrümmer beim Wiedereintritt in die Lufthülle der Erde, bilden sich bei dieser Verbrennung ebenfalls Stoffe, die direkt oder indirekt zum Abbau der Ozonschicht beitragen.

Die Raumfahrtexperten von TRW haben sich die Mühe gemacht, einmal nachzuzählen: Gegenwärtig umkreisen etwa 8.000 Trümmerteile die Erde, die größer als zehn Zentimeter sind, dazu kommen zwischen 35.000 und 150.000 Teilchen in der Größenordnung von einem bis zehn Zentimeter.

Um ein noch genaueres Bild der Verschmutzung der Stratosphäre durch die Raumfahrt zu bekommen, wird jetzt vom Space Technology and Environment Center der Aerospace Corporation ein spezieller Sensor entwickelt. Dieser „Ozon Imager“ soll ein bis drei Stunden nach dem Start verschiedener Raketen über den jeweiligen Startplätzen registrieren, welche Schäden in der Ozonschicht aufgetreten sind. Zu diesem Zweck will man den neuen Sensor auf einen Satelliten montieren, der die Erde auf polarer Umlaufbahn umkreist, von der aus die besten Möglichkeiten bestehen, verschiedene Startplätze zu überfliegen. Der erste Einsatz ist für 1997 vorgesehen.

Bislang galt die Umweltgefährdung durch die Raumfahrt als vergleichsweise gering. Der ins Auge gefaßte beträchtliche Anstieg der Weltraumstarts läßt diese Problematik jetzt jedoch in einem neuen Licht erscheinen. Anatol Johansen