■ Brot & Gedankenspiele: Alexander Kluges neuer TV-Hit
: Jetzt kommt „Bäckerblume TV“
Osnabrück (taz) – Der Quotenkiller“ lautete die Überschrift eines Porträts in der Programmzeitschrift TV Today. Auch als „Parasit“ oder „TV-Samariter“ ist Dr. Alexander Kluge schon tituliert worden. Doch jetzt soll Schluß sein mit derartigen Invektiven. In Kluges Fernsehkiosk DCTP – Development Company For Television Programs –, bislang vor allem bekannt für sedativ wirkende Sendungen wie „Format NZZ“, „S-Zett“ und „Die Zeit TV“, gibt es ab nächsten Monat einen Titel mehr, und der verheißt alles andere als elitäre Bildungsprogramme: „Bäckerblume TV“.
Auf den ersten Blick eine sonderbare Koalition: der intellektuelle Entrepreneur und die mit Fug vorrangig auf die breite Masse zielende Kundenzeitschrift des ehrbaren Bäckerhandwerks. „Auch wenn der Titel in der kritischen Öffentlichkeit sicherlich zunächst Belustigung hervorrufen wird“, so der gelernte Jurist und gealterte Jungfilmer Kluge, „werden doch beide Partner von dieser Vernunftehe profitieren“. Der gewiefte Medienfex verspricht sich von dem Magazin die Eroberung neuer Publikumschichten für die eigene Sendeschiene, zugleich auch für den vom Zuschauer verschmähten Miniatursender Vox. Bäckerblume- Redakteur Jürgen Wiesenbach hingegen hofft auf einen Imagetransfer: „Alexander Kluge genießt einen bestimmten Ruf, was seinen ebenso unkonventionellen wie aufschlußreichen Umgang mit der Populärkultur anbelangt, die er auf höchst eigenwillige Weise zu präsentieren versteht.“ „Bäckerblume TV“ soll von Kluges Prestige profitieren. Die fünfköpfige Redaktion hat sich vorgenommen, ein „informatives Boulevard-Magazin gehobener Machart“ zu produzieren, mit Themen aus allen Lebensbereichen, vom Ernährungs- bis hin zum Kulturtip. Das gedruckte Pendant hat es bereits vorgemacht: hier steht die kulinarisch aufbereitete Rezension eines Buches von Robert Gernhardt gleich neben der appetitanregenden Kolumne „So frühstücken unsere Stars“.
Auch auf dem Bildschirm werden regelmäßig Publikumslieblinge über ihre frühmorgendlichen Eßgewohnheiten Auskunft geben. Bekannte Leckermäuler wie Wolfgang Lippert, Uschi Glas, Wiglaf Droste und Eduard von Schnitzler haben, so der Moderator der Sendung, Fernsehneuling Michael Eksider, gegenüber der taz, bereits verbindlich zugesagt. Für den „Bäckerblume Verlag“ beginnt damit ein neues Medienzeitalter. Die Entwicklung war absehbar. Ein Indiz: Seit geraumer Zeit druckt Bäckerblume die Rezepte des Sat.1-Fernsehkochs Armin Rossmeier. Die Hinwendung zu den elektronischen Medien hat indes einen ganz handfesten wirtschaftlichen Hintergrund. Immer weniger Bäcker ordern das teigige Wochenblatt, für das sie gutes Geld bezahlen müssen, um es dann als kostenloses Werbegeschenk an die Kundschaft weiterreichen zu können. Ähnlich ergeht es der Fleischer-Kundenpost Lukullus, die inzwischen so selten geworden ist, daß einzelne Exemplare bereits zum Sammlerwert gehandelt werden. Sollte das Konzept von „Bäckerblume TV“ den erwünschten Erfolg zeitigen, will Alexander Kluge unter Umständen weitere Sendezeiten zur Verfügung stellen. Die Option für „Lukullus TV“ jedenfalls hat er sich bereits gesichert. Harald Keller
„Bäckerblume TV“, ab 1. 8., werktags um 12.20 Uhr, bei Vox
