Unterm Strich

Offenbar hat sich der Krieg, den man früher im israelischen Kino sah, nach innen verlagert: Das Jerusalemer Filmfest jedenfalls zeigte in großem Stil Filme über den Alltag mit umgekehrtem Düsenantrieb. Der Regisseur Savi Gabizon bekam den Wolgin-Preis des Festivals für seinen Film „Liebeskrank“, zusammen mit Eli Cohen, dessen Film „Unter dem Domom-Baum“ ebenfalls ausgezeichnet wurde. „Unter dem Domim- Baum“ ist die Fortsetzung des hochinteressanten Films „Aviya's Summer“, in dem Cohen das Schicksal europäischer Holocaust- Überlebender beschreib, die in den fünfziger Jahren aus komplizierten Gründen die Pariahs des jungen israelischen Staates waren. Den mit 10.000 Dollar dotierten Wolgin-Preis für Dokumentarfilm bekam Amit Goren für „Gut und schlecht, schwarz und weiß“, wie man sich schon denken kann, ein Film über die Situation der maghrebinischen Einwanderer.

Keineswegs soll Ihnen verheimlicht werden, daß in Lörrach das Gesangsfestival Stimmen 95 eröffnet hat. Über 300 Musiker aus Afrika, Asien und Lateinamerika werden anreisen. Auch Joe Cocker ist da oder der Saxophonist Jan Gabarek. Na, dann gut Schmetter!

dpa-Poesie: „Ein chinesischer Genereral, so will es die Legende, gewann einst eine Schlacht mit Hilfe von Papierdrachen. Schwirrhölzer, die an Flugobjekte geheftet waren, erzeugten nachts über dem Lager der Feinde derartigen Lärm, daß diese die Flucht ergriffen.“ Das ist doch wohl ausnehmend hübsch oder nicht? Ein Schwirrholz schwang nämlich am Sonnabend – geschickte Überleitung – auch Ikuko Matsumo in – Lübeck. Die Kuratorin der Kunstdrachenausstellung eröffnete dort nämlich eine höchst aparte Sommerschau. 143 Flugkörper aus 22 Ländern finden sich in diversen Drachenhöhlen ein. Über der Musik- und Kongreßhalle schweben Gebilde. „Das gotische Gewölbe der Petrikirche bekommt durch die Kunstwerke eine nie geahnte Heiterkeit.“ Eine lachende Kirche mitten in der Stadt, das ist weit mehr, als wir hier von uns selbst und unseren Kirchen sagen können, die nicht nur nicht lachen, sondern einen eher irgendwie vorwurfsvoll anzustarren scheinen.

Hessens Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) hat nach den Streitigkeiten der letzten Wochen die Kasseler zur Unterstützung

der documenta und ihrer künstlerischen Leiterin Catherine David aufgerufen. Bei der Eröffnung einer Ausstellung zum 40jährigen documenta-Jubiläum stellte Eichel am Samstag abend klar und deutlich heraus, daß die Weltkunstausstellung kein touristisches Ereignis sei und entsprechend Besucherrekorde auch nicht als ihre Aufgabe betrachtet werden könnten. Sie solle vielmehr die Qualität des gegenwärtigen Kunstschaffens widerspiegeln. „Dies sage ich als Schutz für Frau David“ erklärte der Ritter hübscherweise und holte seinen glänzenden Schild hervor und stach all die bunten Drachen, die chinesische Generäle sorgfältig über dem Haus aufgezogen hatten.

Im Gegensatz zu ihrem volkstümlich orientierten Vorgänger Jan Hoet plant die Dame David, wie dpa sich ausdrückt, eine mehr introvertierte Präsentation, die sich im wesentlichen auf die Kasseler Museen beschränkt und das aus finanziellen Gründen notwendige Sponsoring auf ein Mindestmaß zurückschrauben soll. Der Geschäftsführer der documenta, Roman Soukup, war am Montag, offenbar nach Differenzen über das Sponsorenkonzept beurlaubt worden. Näheres zu ihrem Konzept wollte David nicht verraten, nur soviel höchstens, daß „Kultur mit Kirmes“ zu tun habe, und das ist ja immerhin auch schon was, und zwar etwas, daß man auch in Lübeck bemerkt (Drachen und so). Einen artigen Rekord hat das North Sea Jazz Festival in Den Haag mit 70.000 lustigen Besuchern aufgestellt. Soviel waren also noch nie dagewesen. Im Gegenteil waren es 9.000 weniger im Jahr zuvor. Na, das läßt sich doch sehen. Oscar Peterson war da, Joe Henderson und Neneh Cherry und Jacky Terrasson.

Michael Jacksons HIStory: Past, Present and Future, Book I hat sich nur drei olle Wochen an der Spitze der amerikanischen Charts gehalten und damit gemessen an den Werbeeinnahmen ein ziemlich lüttes Ergebnis erzielt. Es wurde jetzt vom Soundtrack zu dem Walt-Disney-Film Pocahontas überflügelt.

Endlich bringt Mutter Theresa ein Buch heraus. Es heißt, wie sie bestimmt schon ahnten, A Simple Path, und es basiert auf Tonbandinterviews, die die Kanadierin Lucinda Vardy mit der Ordensfrau in Kalkutta geführt hat. Nach Angaben vom Sunday Telegraph soll das Buch den „materiell orientierten Menschen im Westen die Wichtigkeit von Gebeten, Meditation und Stille“ nahebringen. Es sollte ihnen aber auch nahegebracht werden, daß man ab und an „zu ihr gehen und seinen Drachen steigen“ lassen soll, sonst ist es nur die halbe Miete und macht nur den halben Spaß. Das Werk der 84jährigen, so kalkuliert der Verlag „Random House“, könnte locker das Buch des Papa aus dem Feld schlagen, welches „Die Schwelle der Hoffnung überschreiten“ heißt. Letzteres fand allein in den ersten Verkaufswochen im Oktober letzten Jahres weltweit zwei Millionen Abnehmer.