Einmal den Präsidenten sehen

■ Nelson Mandela feiert mit 2.000 Straßen- und Heimkindern aus ganz Südafrika Geburtstag / Hilfsfonds für die Kids

Johannesburg (taz) – Die Kinder im St.-Joseph-Kinderheim von Johannesburg taten in der Nacht kein Auge zu. Allzugroß war die Aufregung vor dem Tag, an dem sie ihn höchstpersönlich treffen sollten – IHN, „Tata Madiba“. In Gold Reef City, auf dem Gelände einer stillgelegten Goldmine, die heute Museum und Vergnügungspark ist, feierte er gestern seinen 77. Geburtstag: Nelson Rolihlala Mandela, einst berühmtester politischer Häftling der Welt und seit etwas mehr als einem Jahr erster schwarzer Präsident von Südafrika.

Insgesamt 2.000 Straßen- und Heimkinder aus dem ganzen Land waren zu dem Fest geladen, das mit großem internationalen Presseaufgebot zelebriert wurde – darunter auch 33 Kinder aus St. Joseph, einem Heim für mißbrauchte Kinder. Das Spektakel glich einem Faschingsumzug. Der Präsident hielt zusammen mit seiner Nichte Rochele Mtilala auf einem Pferdekarren Einzug, umringt von jubelnden Kindern mit bedruckten T-Shirts: „Alles Gute zum 77., Präsident Nelson Mandela!“ Zusammen mit Ministern aus dem Kabinett Mandelas posierten die Kids zum Fototermin, als ob sie nie in ihrem Leben etwas anderes getan hätten. Es war Mandelas ausdrücklicher Wunsch, seinen Geburtstag mit einem Kinderfest zu begehen. Mandela, der selbst mehr als ein Dutzend Enkel und Urenkel hat, liebt Kinder sehr.

Doch jenseits der Polit-Show hat das ganze natürlich einen guten Zweck. Die Lebensbedingungen für die meisten schwarzen Kinder in Südafrika sind hart. Zehntausende leben auf der Straße, für Kinderheime und andere soziale Einrichtungen gab die Apartheid- Regierung kaum Geld aus. Mandela hat deshalb nach seiner Amtseinführung eine Stiftung für Straßenkinder gegründet, an die er regelmäßig große Teile seines Präsidentengehalts spendet. Seitdem Jugendliche, die in Untersuchungshaft saßen, vor einigen Wochen aus den Gefängnissen entlassen wurde, hat sich die Situation noch zugespitzt. Die meisten von ihnen leben jetzt auch auf der Straße, weil es an Einrichtungen für sie mangelt. In den Mandela- Fonds wurden allein am gestrigen Tag mehr als eine Million Rand (etwa 400.000 Mark) gespendet, wie die Veranstalter stolz mitteilten – darunter 4.000 Mark von zwei Kindern, die auf Flohmärkten selbstgemachte Puppen verkaufen. Kordula Doerfler