Major kämpft für schlechte Schokolade

■ Briten fürchten den Verlust ihrer kulinarischen Kultur durch EU-Verordnungen

Berlin (taz) – Der britische Schokoriegel schwebt in äußerster Gefahr: Die EU schreibt womöglich den Insulanern vor, künftig bessere Schokolade zu machen. Doch da naht Rettung von höchster Instanz. Die britische Regierung versprach, ihren Schokoladefabrikanten beizustehen gegen die resteuropäischen Bürokraten. Die erwägen nämlich, künftig nur noch solche Substanzen als Schokolade gelten zu lassen, die aus nichts anderem als Kakao, Zucker sowie gegebenenfalls Milch und Gewürzaromen bestehen – wie heute schon in Deutschland.

Falls eine derartige EU-Regelung durchkommt, müßten britische Hersteller ihre Rezepturen ändern und von billigen, mit Härtern und Stabilisatoren versehenen Pflanzenfetten auf pure Kakaobutter umsteigen – ein unzumutbarer Schock für britische Geschmacksnerven. „Unsere Schokolade ist nicht nur populär in diesem Land; sie ist überdies ein Exportgut von entscheidender Bedeutung“, behauptete die Staatsministerin im Landwirtschaftsministerium, Angela Browning.

Vor kurzem noch sah es so aus, als würde sich die EU den Vorstellungen der Briten anpassen und alles als Schokolade zulassen, was irgendwie so aussieht. Doch nun drängen Lieferländer und entwicklungspolitische Organisationen die EU-Kommission zum Handeln. Denn wenn europaweit statt Kakaobutter immer mehr Raps- oder Sonnenblumenfett in die Schokolade gebuttert wird, dann sinken die Exporteinnahmen der südlichen Produzentenländer. Kürzlich suchte daher Ghanas Präsident Jerry Rawlings, den Britenpremier John Major umzustimmen – erfolglos.

Der zuständige EU-Kommissar Martin Bangemann hatte einen Kompromiß angeboten. Maximal fünf Prozent artfremde Pflanzenfette sollen künftig noch erlaubt sein. Aber das rief bei britischen Firmen wie Cadbury nur einen Sturm der Empörung hervor. Derzeit treffen sich die Schokoladenhersteller regelmäßig mit Staatssekretärin Browning, um diesen Angriff abzuwehren. lieb