„Darauf haben Sie mein Wort“

■ HemelingerInnen sind sauer auf Wortbruch Nölles: Der Tunnel kommt wiederum erstmal nicht

„Darauf haben Sie mein Wort“, mit diesem Versprechen endete ein Brief, den Bürgermeister-Kandidat Ulrich Nölle im Mai in Hemelingen in alle Briefkästen stecken ließ. Das Wort: „Wenn ich zum Bürgermeister gewählt werde, sorge ich dafür, daß durch den Bau des Hemelinger Tunnels ... sowie den Ausbau der Georg-Bitter-Trasse die Wohnquartiere im Bremer Osten endlich vom Schwerlastverkehr befreit werden.“ Wörtlich genauso steht es in Nölles „Regierungsprogramm - Entwurf“. In dem Brief an die Hemelinger BürgerInnen hatte Nölle auch zusammengestellt, wie die SPD den Tunnel „vor jeder Wahl versprochen“ hat, den Ankündigungen aber nie Taten folgen ließ. „Warum lassen Sie sich diese unendliche Geschichte eigentlich bieten? Es gibt nur eine Antwort: Erteilen Sie der SPD und den Grünen am 14. Mai eine klare Absage!“

Soweit CDU-Kandidat Nölle vor der Wahl. Nach der Wahl rieben sich die Hemelinger BürgerInnendie Augen, als sie in der Koalitionsvereinbarung lasen: „Um eine deutliche Entlastung der Bevölkerung in Hemelingen in dieser Legislaturperiode zu erreichen, sind der Hemelinger Tunnel und die Vorbereitungen für die Sanierung des Ortsteiles weiter voranzutreiben.“ Der Anlauf zu diesem Koalitionssatz klingt kraftvoll und entschieden: „deutliche Entlastung“, „in dieser Legislaturperiode“. Dann aber heißt es: „Hemelinger Tunnel ... voranzutreiben“.

„Das machen sie schon seit 15 Jahren, da fällt uns dann nichts mehr ein“, sagt dazu Bruno Wohlfahrt, CDU-Mitglied und Vorsitzender der Kommunalpolitischen Arbeitsgemeinschaft Arbergen (KAG). „Ich war ziemlich sauer und habe Nölle auch einen Brief geschrieben“. Keineswegs, so zeigt ein Blick in die Finanzplanung, darf das Politik-Chinesisch so verstanden werden, daß hier der Tunnel voranzutreiben wäre. In keiner Phase der Koalitions-Verhandlungen hat CDU-Verhandler Nölle vorgeschlagen oder gefordert, ernsthaft auch nur eine erste Rate Geld für den Bau des Tunnels einzuplanen. Nur das Planungsverfahren wird „vorangetrieben“.

Schon wird in Hemelingen die örtliche CDU auf das gebrochene Wahlversprechen angesprochen, eine „blöde Situation“, sagt Wohlfahrt: „Wir müssen uns öffentlich davon distanzieren.“ Das Papier, auf dem Nölle unter seinem Briefkopf mit Foto oben rechts versprochen hatte, daß nun endlich Taten folgen sollten, das „war kein Flugblatt. Das ist unseriös, vor der Wahl die Leute persönlich anzusprechen und dann nach der Wahl zu sagen: Das geht nicht.“ Ob Nölle vor der Wahl ernsthaft glaubte, der Tunnel sei finanzierbar, weiß Parteifreund Wohlfahrt nicht, aber „ich nehme doch an, wenn einer einen Brief an sämtliche Haushalte verteilen läßt, dann weiß er, was er da schreibt.“

Sauer ist auch die Bürgerinitiative „Nachbarschaft Hemelingen“ vom Brüggeweg: „Galten Ihre Versprechungen nur, um die Stimmen der Hemelinger zu bekommen?“ fragten sie Ende Juni Ulrich Nölle in einem Brief. Anstelle der versprochenen Entlastung befürchten sie neue Belastungen: Die KFZ-Zulassungsstelle wird nach Hemelingen verlegt, gegen den Protest aller Fraktionen des Beirates, und an der Funkschneise, direkt angrenzend an das Daimler-Gelände hinter der Bahn, wird gerade neues „bevorzugtes Gewerbegebiet“ in Zeitungs annoncen zum Kauf angeboten. Und wenn in der Hemelinger Marsch neue Betriebe entstehen sollen, bedeutet das auch mehr Verkehr. „Die scheißen uns hier so richtig zu in Hemelingen“, sagt CDU-Mann Wohlfarth verbittert.

Die versprochene zusätzliche Brücke über die Bahngleise an der Funkschneise („Fly over“) würde zwar ein wenig helfen, könnte aber zu einem Argument werden, den Tunnel auch nach 1999 weiter zu vertagen, befürchtet Frau von Alven von der Bürgeriniative. Sie gehört zu denjenigen, die geflüchtet sind, nachdem der Brüggeweg in eine LKW-Trasse verwandelt worden war: „Wir haben unser Haus am Brüggeweg verkauft.“

Ihre Verärgerung über die bremische Hinhalte-Politik aber blieb: Sie kämpft weiter für den Stadtteil. Bisher hat sie keine Antwort Nölles auf den Brief vom 28.6. bekommen. „Aber so lassen wir uns nicht abspeisen.“ Auch CDU-Mitglied Wohlfahrt hat keine Antwort bekommen. Er rechnet aber auch schon gar nicht mehr mit einer.

Nölle-Sprecher Diehl versichert, der Finanzsenator und Bürgermeister Nölle habe „Verständnis für das besondere Engagement dieser Initiative“, bestätigt aber andererseits, daß der Tunnel „kurz- bis mittelfristig nicht finanzierbar“ ist. Daß Nölle versprochen hat, die „unendliche Geschichte“ gebrochener Wahlversprechen werde enden, wenn er - Ulrich Nölle - Bürgermeister würde, kontert Diehl mit einem Scherz: „Ist er ja nicht. Das dauert noch vier Jahre.“ K.W.