"Faust"-Marathon in neuer Runde

■ Berlins berühmtester Theatermann der Achtziger kehrt zurück: Peter Stein soll hier sein "Faust"- Projekt endlich verwirklichen. In Salzburg ist schon gekündigt. Wo in Berlin gespielt wird, ist noch unklar

Peter Stein will zurück nach Berlin. Und er soll es auch: Berlins Kultursenator Roloff-Momin ließ kraftvoll verlauten, Berlin habe großes Interesse daran, „daß der weltberühmte Theatermann und Mitbegründer der Schaubühne sein Faust-Projekt hier realisiert.“ 1992 hatte der heute 58jährige Regisseur Berlin verlassen und die Schauspielabteilung der Salzburger Festspiele übernommen. Soeben verkündete er, er werde seinen 1997 auslaufenden Vertrag mit Salzburg nicht verlängern. Stein hatte Anfang der neunziger Jahre schon einmal den „Faust“ in Berlin inszenieren wollen – an der Schaubühne, die er 1970 mitbegründet und bis 1984 auch künstlerisch geleitet hat. Damals sprang Daimler Benz als wichtigster Sponsor des über drei Tage geplanten „Faust“- Marathons ab. Der kaufmännische Direktor der Schaubühne, Jürgen Schitthelm, lehnte es daraufhin ab, das millionenteure Faust-Unternehmen allein zu tragen. Peter Stein verließ daraufhin die Schaubühne endgültig und im Groll. Nun soll das Projekt „an anderer Stelle verwirklicht werden“, wie Ingolf Kern, Pressesprecher der Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten in Berlin meint. Möglichkeiten gebe es viele: Stein stehe sowohl in Kontakt mit den Intendanten des Berliner Ensembles und des Deutschen Theaters, es kämen aber auch verschiedene Fabrikhallen in Betracht, sagt Kern: „Wir erwarten seine Rückmeldung.“ Finanziert werden soll das Faust-Projekt aus Mitteln des Hauptstadt-Kulturfonds 1997, einem Bonner Förderungsmodell.

Stein hat vor allem in den siebziger Jahren Theatergeschichte geschrieben: mit der Schaubühne als erstem Ensembletheater, mit seinen Inszenierungen als politischer Kommentator. Später überließ sich Stein mehr seinen literarisch- ästhetischen Neigungen; in Berlin inszenierte er zuletzt Tschechow historically correct. Doch seit seinem Weggang hat sich viel verändert: das Schillertheater ist geschlossen, die Schaubühne hat ihre führende Rolle eingebüßt. Längst befindet sich der theatralische Schwerpunkt im Osten Berlins. Mit der Volksbühne, dem Berliner Ensemble und dem Deutschen Theater. An letzterem arbeitet seit neuestem ein langjähriger Weggefährte Steins, der ehemalige Schaubühnendramaturg Dieter Sturm. Sollte es mit einem dieser Theater zu einer Zusammenarbeit kommen, wird Steins „Faust“-Projekt hoffentlich ein besseres Schicksal bestimmt sein als dem seines Regie-Kollegen Einar Schleef. Erst schmiß ihn Peter Zadek beim Berliner Ensemble raus, dann schloß das Schiller Theater, und auch die Berliner Schloßkulisse war nur aus Pappe. Sabine Seifert