Bloß nicht diese neurotischen Typen

■ Im Gespräch: Die „Küß mich!“-Macherinnen Caroline Redl und Maris Pfeiffer über die Liebe und das Kino

Deutsche Filmkomödien sind zunehmend besser als ihr Ruf. Vor allem dann, wenn es nicht um Manta-Fahrer, Trabbis oder Supernasen geht. Sönke Wortmann („Der bewegte Mann“), Katja v. Garnier („Abgeschminkt“) haben längst verloren geglaubtes Publikum wieder in die Kinos gelockt. Ausnahmen? Jedenfalls ein Anfang, der RegisseurInnen und ProduzentInnen Mut machen sollte. Maris Pfeiffer, 33, wie Katja v. Garnier Absolventin der Hochschule für Film und Fernsehen, München, stellte in Bremen zusammen mit ihrer Hauptdarstellerin Caroline Redl ihren neuen Film „Küß mich!“ vor. Eine beschwingte Liebesgeschichte um eine junge Frau, die zwischen materieller Sicherheit und Selbstverwirklichung pendelt.

taz: Paula, Fabian und Michael, die Hauptfiguren des Films, machen sich zwar viele Gedanken um ihr persönliches Glück, aber nie um Geld. Zufall?

Maris Pfeiffer: Wir haben ja eigentlich alles. Unsere Generation mußte nie über Geld nachdenken, das ist für sie kein wirkliches Thema.

Trotzdem macht Geld allein offenbar auch in „Küß mich!“ nicht glücklich. Was willst Du den Zuschauern zeigen?

Maris Pfeiffer: Es geht nicht darum, eine Geschichte zu erzählen von einer Frau, die zwischen zwei Männern steht. Ich wollte nie ein realistisches Bild einer Generation zeichnen. Mich interessiert, was mit den Gefühlen der Figuren passiert, wie sie damit umgehen. Und deshalb ist es wurscht, ob das in Berlin, New York oder Honolulu spielt. Meine Großmutter könnte das genauso nachvollziehen wie mein Bruder, der fünf Jahre jünger ist.

Paula, 30, Noch-Studentin, ist eigentlich glücklich mit ihrem Freund, doch dann auch offen für den Seitensprung mit dem dunkelhaarigen Gauloise-Typen aus der Theaterszene. Eine realistische Figur?

Caroline Redl: Auf jeden Fall. Wenn ich mich umgucke bei Leuten meines Alters, absolut realistisch.

Maris Pfeiffer: Die Figuren habe ich nicht aus Büchern, sondern aus meinem Umkreis: Wie kriege ich Privatleben und Job unter einen Hut? Wie ist es mit Kindern? Warte ich damit, oder ist es dann zu spät? Wie ist es mit den Männern dabei? Ich kann doch nicht Kinder ernähren und einen Mann haben, der total chaotisch ist.

Caroline Redl: Es geht auch um Geborgenheit und Sicherheit!

Die hat sie ja bei ihrem Freund...

Caroline Redl: Ja, aber ohne, daß sie sich dabei selber verwirklichen kann.

Maris Pfeiffer: Es ist alles nur eine vermeintliche Sicherheit. In fünf Jahren wirst du überfahren, dein Mann wird überfahren, die Kinder werden überfahren. Du lernst jemand anderen kennen, er lernt jemand anderen kennen. Das muß man erst mal kapieren!

Am Schluß scheint sie eine Entscheidung gegen die materielle Sicherheit getroffen zu haben und für den Chaoten.

Caroline Redl: Ja, aber das ist ganz offen. Wer weiß schon, wie lange sie mit Fabian zusammenbleibt.

Maris Pfeiffer: Für Paula ist es wichtig, daß sie am Schluß auf eigenen Beinen steht. Vielleicht geht sie ja auch zu ihrem Freund zurück. Ein Freund von mir hat sich aufgeregt: ,Ich hab' diese neurotischen Typen so satt, die immer auf sensibel tun und am Ende die Frauen abkriegen!' Dabei ist es gar nicht die Frage, ob Paula den einen oder den anderen kriegt.

Statt zermürbender Beziehungsgespräche kommt Dein Film mit doppelbödigen Satzfragmenten gut über die Runden. Reduktion statt Realität, hieß das im Presseheft. Stand das schon so im Drehbuch?

Maris Pfeiffer: Ja. Es ist in Deutschland sehr schwierig, Filme zu machen, die dazwischen liegen – zwischen ganz Problembeladenem und einer klassischen Komödie. Ich wollte eine Liebesgeschichte erzählen mit einem gewissen Humor. So wie in Amerika, wo Hal Hartley damit supererfolgreich ist.

Derzeit gibt es kaum eine deutsche Komödie, wo Katja Riemann („Der bewegte Mann“, „Abgeschminkt“) nicht mitspielt. Auch in Deinem Film...

Maris Pfeiffer: Es war immer ein Kampf gewesen, daß die Schauspieler nicht zum Fernsehen abwandern, wo man beim Fernsehen fast das Doppelte wie im Kino verdient. „Küß mich“ hat etwas über zwei Millionen gekostet. Alle sind o.k. bezahlt worden. Ich find es Quatsch, einen Film für umsonst zu machen.

Fragen: Alexander Musik