Mieter und Politiker gemeinsam gegen Spekulanten

■ Friedrichshains Bezirksbürgermeister fordert Mieter auf, sich gegen Miethaie zur Wehr zu setzen / CDU nennt Absichten der Gubag „unseriös“ und „böswillig“

So viel Einigkeit herrscht selten unter den Parteien in Friedrichshain. Aber von CDU bis PDS stärkten die Bezirkspolitiker den rund einhundert Mietern den Rücken, die am Dienstag abend von den Büroräumen der Grund und Boden AG (Gubag) gegen die Praktiken des Wohnungsunternehmens (siehe taz vom 9. 6.) protestierten.

„Unseriöse und böswillige Absichten“ wirft etwa der CDU-Bezirksverordnete und Vorsteher der BVV, Uwe Nübel, der Gubag in einem Schreiben vor, und auch Bezirksbürgermeister Helios Mendiburu (SPD) sparte vor den Mietern nicht mit deutlichen Worten. „Miethaie“ seien am Werk, die hier im Bezirk nur abzocken wollten und die sozialverträgliche Stadterneuerung gefährdeten. Aber, so Mendiburu, solche Spekulanten sollten wissen, daß sich auch die Ostberliner nicht alles gefallen lassen. Bürgermeister Mendiburu machte den Mietern Mut, sich sowohl mit öffentlichkeitswirksamen Protestaktionen als auch mit juristischen Mitteln gegen die Gubag zur Wehr zu setzen. Da es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit zwischen Mieter und Vermieter handelt, kann der Bezirk derzeit nicht eingreifen.

Seit einem Jahr hat die Gubag im Bezirk Friedrichshain mindestens vierzehn Häuser mit rund 250 Wohnungen erworben. Jetzt macht sie sich daran, mittels vollkommen überteuerter Modernisierungsankündigungen die Mieten in die Höhe zu treiben. Offenbarer Hintergedanke: die Mieter auf diese Weise aus ihren Wohnungen zu drängen, die die Gubag in Eigentumswohnungen umwandeln will.

Doch nach Ansicht von Stefan Winter, Leiter der Gubag-Hausverwaltung, hat sich sein Unternehmen nichts vorzuwerfen. Das Vorgehen der Gubag sei „vollkommen normal“, selbst dort, wo gesetzliche Bestimmungen ignoriert werden. Zwei Monate muß dem Mieter Zeit gegeben werden, um Modernisierungsankündigungen zu prüfen, die Gubag räumt ihren Mietern jedoch nur vierzehn Tage ein.

Aber es sei doch auch im Interesse der Mieter, so Winter, wenn mit den Modernisierungsmaßnahmen schneller begonnen werden könne. Allerdings räumt Stefan Winter freimütig ein, daß bereits zwanzig Prozent der Gubag-Mieter aufgegeben und das Weite gesucht haben.

Geblieben ist zum Beispiel der Mieter Hans Otto. Doch die Gaszufuhr in seiner Wohnung hat die Hausverwaltung bereits abgestellt, weil Otto angeblich zu DDR-Zeiten Gasherd und Gasheizung illegal eingebaut habe. Nun soll er die Geräte unverzüglich entfernen, sonst werde ihm, so droht die Gubag an, fristlos gekündigt.

Die Gubag will das Haus in der Gabelsberger Straße 6 aufwendig modernisieren. Nach der Umlage von elf Prozent der Modernisierungskosten pro Jahr soll Hans Otto anschließend 1.802 Mark statt der bisherigen 767 Mark Miete im Monat zahlen. Allein für die Heizung kalkulierte die Gubag 40.000 Mark. Seriöse Firmen, so bestätigt Peter Reuscher, Rechtsberater des Berliner Mietervereins, machen die gleichen Arbeiten für weniger als die Hälfte. Christoph Seils