Der Traum von den 18 Assen

■ Was seriöse Bahnengolfer hassen: Die Reduzierung ihres Sports auf "Minigolf"

Früher, auf Kindergeburtstagen, war Minigolf einfach der ultimative Sport. Wir bildeten zwei Teams und achteten darauf, daß die Lieblingsfreunde bei uns und die Lieblingsfeinde in der anderen Gruppe waren. Außerdem schanzten wir den anderen so viele Mädchen wie möglich zu, weil wir der festen Meinung waren, daß Mädchen zu keinem Sport etwas taugen, und zu Minigolf schon gar nicht. Zumal sie vom Schummeln nichts wissen wollten.

Das echte Bahnengolf ist natürlich etwas ganz anderes, nämlich ein ernsthafter Sport. Er besteht aus den vier Disziplinen Minigolf, Miniaturgolf, Cobigolf und Sterngolf. Minigolf sollte es also nicht genannt werden, weil erstens eben nur eine dieser vier Sektionen so heißt und zweitens die Vorsilbe „Mini“ einem Sport gar nicht gut zu Gesicht steht.

Lediglich in der Form der Bahnen lassen sich Unterschiede zwischen den Disziplinen festmachen. Diese ausführlich zu erläutern, bedürfte es mindestens 225 Seiten – so viele, wie auch das offizielle Handbuch zum Bahnengolf benötigt. In aller Kürze: Minigolf wird auf 12-Meter-Bahnen, Miniaturgolf auf 6-Meter-Bahnen gespielt; Cobigolf hat viele Bahnen mit Türchen; Sterngolf heißt so, weil das letzte Loch sternförmig ist. Die beiden letzteren Disziplinen können jedoch vernachlässigt werden, da ihre Existenz komplizierte patentrechtliche Gründe hat. Ihr Anteil am Gesamtsport liegt bei unter zehn Prozent – gewissermaßen eine Randsportart innerhalb einer Randsportart.

Nach Schätzungen des Deutschen Bahnengolf-Verbandes (DBV) spielen in Deutschland jährlich 14 Millionen Menschen auf den über 6.000 Anlagen. Auch die Zahl der organisierten Spieler in der gerade 40jährigen Sportart kann sich sehen lassen: Der DBV hat beinahe 15.000 Mitglieder in 350 Vereinen. Kein Wunder, daß Deutschland von den zwanzig Ländern, die Bahnengolfer in internationale Vergleiche schicken, die Nummer eins ist, vor Österreich, der Schweiz und Schweden.

Sponsoren halten sich bedeckt. Nur aus der dazugehörigen und sehr kleinen Industrie (Schläger, Bälle, Bahnenbau) kommt Unterstützung. Vielleicht wird es ja besser, wenn der erhoffte Mitgliederschub aus den neuen Bundesländern denn endlich einsetzt. Dort gibt es erst ein Dutzend Anlagen, weil der Sport in der DDR eher unbekannt war. Immerhin entstehen dort nun die ersten Vereine.

Schwer tun sich die Bahnengolfer auch mit den Spiel- und Trainingsbedingungen, weil die meisten Anlagen Privatpersonen gehören, die damit Geld verdienen wollen. Die Vereine können die Anlagen also nur zur Miete nutzen.

Bahnengolf ist ein Sport, der sich nicht dem Primat der jugendlichkeit unterwirft, im Gegenteil: Im Seniorenbereich gibt es Zuwächse, während die Zahl der Jugendlichen stagniert. „Das liegt wohl am veränderten Freizeitverhalten der Senioren“, vermutet Alfred Schrod, Präsident des DBV: „Außerdem ist Bahnengolf eine Sportart, die bis ins hohe Alter gespielt werden kann.“

Der Traum eines jeden Bahnengolfers ist eine 18er-Runde: alle 18 Löcher mit je einem Schlag, As genannt. Der Weltrekord für vier Runden liegt bei 74 Schlägen – nur zwei über dem Optimum.

Und was die verklärten Kindheitserinnerungen an Mädchen betrifft, die nicht einmal wußten, wie herum der Schläger gehalten werden mußte, und lieber in der Ecke standen? Ist alles anders. „Manchmal passiert es“, sagt der Präsident Schrod, „daß bei den gemischten Turnieren die Frauen die Männer schlagen.“ Puh, da haben wir ja großes Glück gehabt, damals. Stefan Maiwald