taz_archiv_2572531500318

Gesundheitsschädliche Verhütung

■ betr.: „Pille soll Kasse zahlen“, taz vom 12. 7. 95

Alle Verantwortung für die Verhütung bleibt der Frau überlassen, ebenso bekommen wir Frauen auch gleich die gesundheitlichen Schäden der spezifisch weiblichen Verhütungsmittel mitgeliefert, damit die Krankenkassen uns später, wenn wir durch die Pille Krebs bekommen haben, uns wegen ungesunder Lebensführung auch gleich die Behandlungskosten verweigern – arbeiten Sie bei solchen Vorschlägen mit Seehofer zusammen, oder ist dieser frauenfeindliche Vorschlag auf Ihrem eigenen Mist gewachsen, Frau Sozialministerin?

Recht haben Sie, wir Frauen machen uns gern den Körper mit Hormonen wie der Pille kaputt, das zwingt uns dann ja auch, viermal jährlich zur Kontrolle zur/zum Gynäkologin/Gynäkologen zu laufen, und wenn wir uns dann auch noch auf Krankenkassenkosten die Spirale einsetzen lassen, haben wir vielleicht auch noch das große Glück, daß sich dieses Metallteilchen in die Gebärmutterwand bohrt, in die Eierstücke wandert, und wir haben die Schmerzen und sind unter medizinischer Kontrolle.

Danke sehr, ich bin zwar einkommensschwach, aber nicht schwachsinnig. Ich werde weiter mit Kondomen verhüten, das heißt, meinen Partner aktiv an der Verhütung teilhaben lassen, und es stinkt mich gewaltig an, daß Sie ausgerechnet das einzige Verhütungsmittel, welches die Herren der Schöpfung überziehen können, uns einkommensschwachen Frauen nicht gewähren wollen, nein, Sie zwingen uns damit auch noch zur Treue, denn die Pille, die Spirale und der ganze andere gesundheitsschädliche Mist, den Sie uns hier auf Krankenschein anbieten, schützen uns vielleicht vor einer ungewollten Schwangerschaft, aber nicht vor Aids und Geschlechtskrankheiten. Wir minderbemittelten Frauen bleiben unserem Partner treu – denn Kondome sind teuer – und der Seitensprung ohne Risiko, dafür mit Kondom, wird zum Privileg reicher Frauen. Da sage ich als Wahl-Berlinerin erst einmal nein zur Vereinigung mit Brandenburg, bis ich auch Kondome auf Krankenschein bekomme. Kerstin Witt, Berlin