Wie hilft man den Ärmsten der Armen, sich eine Existenz aufzubauen? Die Weltbank hat in dieser Woche eine neue Organisation geschaffen, die es Klein- und Kleinstunternehmern ermöglichen soll, Kredite aufzunehmen. Die Grameen Bank in Banglad

Wie hilft man den Ärmsten der Armen, sich eine Existenz aufzubauen? Die Weltbank hat in dieser Woche eine neue Organisation geschaffen, die es Klein- und Kleinstunternehmern ermöglichen soll, Kredite aufzunehmen. Die Grameen Bank in Bangladesch zeigt, wie eine erfolgreiche Kreditpolitik für Arme aussehen kann.

Wenig für viele

Die Weltbank entdeckt ihr Herz für Arme immer wieder neu. Jetzt will sie einen Geldtopf einrichten, aus dem Kleinstkredite an Kleinstunternehmer in Entwicklungsländern vergeben werden sollen. Bei der Vorstellung der neuen Initiative am vergangenen Sonntag erklärte der neue Weltbankpräsident, James Wolfensohn: „Kreditmechanismen auf Mikroebene helfen den Menschen, sich selbst zu helfen, indem sie sich mit Kleinprojekten oder -unternehmen ein eigenes Einkommen schaffen.“

Noch befindet sich kein Geld im Topf, aber eine neue Organisation wurde schon mal aus der Taufe gehoben: die „Konsultativgruppe zur Hilfe für die Ärmsten“. Zusagen über 200 Millionen US-Dollar gebe es bereits, sagte der Weltbankvizepräsident und Vorsitzende der Konsultativgruppe, Ismail Serageldin – wenig mehr, als zwei Eurofighter kosten. Zu den Einzahlern gehören die EU-Kommission, die Afrikanische und die Asiatische Entwicklungsbank, Frankreich und die USA. Die Weltbank selbst will 30 Millionen Dollar als Startkapital zuschießen.

Die Weltbank schließt sich damit an erfolgreiche Vorbilder an, insbesondere die sogenannte Bank der Armen, die Grameen Bank in Bangladesch. Deren Gründer, Muhammad Yunus, sitzt einer Expertenrunde vor, die die neue Beratungsgruppe beraten soll.

Die Konsultativgruppe sieht ihre Aufgabe nicht nur darin, Geld für solche Banken, Kreditkooperativen und regierungsunabhängige Gruppen (NGOs) zur Verfügung zu stellen, die ihrerseits Kleinstkredite an Arme vergeben. Zusätzlich soll sie das Konzept der sogenannten Mikrofinanzierung als Strategie zur Armutsbekämpfung in allen Entwicklungsländern verbreiten. In einem Nebensatz gab Wolfensohn zu, daß die Anfang der 70er Jahre verkündete Armutsorientierung der Weltbank versagte: „Nur wenige Programme haben zu einem längerfristigen Erfolg bei den ganz Armen geführt.“

Die Bundesregierung, von der sich Serageldin 2 Millionen Dollar erhofft, ist bislang nicht mit von der Partie. Im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) befinde man sich noch in einem Prozeß der Meinungsbildung. „In der Vergangenheit hat es weniger an Geld gefehlt als vielmehr an geeigneten Projektträgern in den Empfängerländern“, begründet Michael Bauer vom Weltbank-Referat des BMZ die Zurückhaltung. Ähnlich ist die Einschätzung bei deutschen Entwicklungsorganisationen.

Für Joachim Lindau von Brot für die Welt stellt sich außerdem die Frage: „Wie haltet ihr's mit der Bürokratie?“ Er ist skeptisch, daß ein neuer Wasserkopf in Washington wirklich auf Graswurzelebene den Zugang zu den Armen bekommen kann. Weiter sei unklar, an welche NGOs das Geld ausgeteilt wird und woher deren Legitimation überhaupt stammt.

Doch Bauer nimmt bei aller Zurückhaltung gegenüber der Initiative die Weltbank auch in Schutz gegen Kritik. „Einerseits wird die Bank immer aufgefordert, mit NGOs zusammenzuarbeiten und etwas in kleinem Rahmen zu tun, statt nur Mammutprojekte zu fördern. Andererseits kommt dann prompt die Kritik, daß sie zu so etwas überhaupt nicht fähig sei.“ Nicola Liebert